Fasten – Beten – Almosen geben
Zum 359. Mal feiert die Stadt Olpe ihr Agathafest! Als jemand, der nicht in Olpe geboren und aufgewachsen ist, beeindruckt es mich jedes Mal, wenn Bürgermeister und der Rat der Stadt das Gelübde vor Gott zu Beginn der 11.00 Uhr Messe in der St. Martinuskirche erneuern, das 1665 zum ersten Mal gesprochen wurde. Die Bürger der Stadt Olpe litten damals viel unter kriegerischen Auseinandersetzungen und der Angst vor Seuchen und Feuer.
In ihrer Not baten sie die hl. Agatha um ihre Fürsprache bei Gott, die Stadt Olpe vor Feuersbrunst zu schützen und machten dieses Gelübde, das Fest der hl. Agatha mit Fasten, Beten und Almosen zu begehen.
Nicht nur damals, auch heute schauen wir auf das Leben Heiliger, weil sie für uns Vorbilder im Glauben sind. Vom Leben der hl. Agatha wissen wir nicht viel. Überliefert ist, dass sie so konsequent ihr persönliches Gelübde, Gott allein zu dienen, gelebt hat, dass sie den Heiratsantrag des Statthalters von Catania abgelehnt und die daraus folgenden Folterungen durch die Justiz nicht gescheut hat.
Ich habe mich gefragt, wie die damaligen Stadtherren auf die Kerngedanken des Gelübdes kamen: Fasten, Beten und Almosen geben. Es sind Grundvollzüge christlichen Glaubens, eine lebendige Beziehung zu Gott zu leben und sich wie Jesus dem Nächsten zuwenden, der in Not ist. Fasten, um sich neu auf Gott auszurichten, offen zu werden für die Gegenwart Gottes im Alltag und im Nächsten.
Ein Zweites ist für mich beeindruckend, dass auch das Almosen geben, das damals in Naturalien stattfand und heute in Form von Geldspenden geschieht, ihren Ausdruck in einem eigenen Opferkasten findet, der unübersehbar in der St. Martinuskirche aufgestellt ist. Das Geld wird zwischen der Stadt und der Caritas aufgeteilt und ermöglicht so, Menschen in der Stadt Olpe unbürokratisch zu helfen, die in Not geraten sind. Damals wie heute leben viele Menschen unter uns, nicht nur Flüchtlinge und Ausländer, immer mehr auch Deutsche – Rentner und Familien – die auf so eine Hilfe angewiesen sind.
Das Beten findet seinen Ausdruck in den Anbetungsstunden am Nachmittag und in der Predigt am Abend um 18.00 Uhr mit der anschließenden Prozession durch die Stadt. Dabei tragen wir Gott im Zeichen des Brotes durch die Stadt und bitten die hl. Agatha um ihre Fürsprache bei Gott, die Stadt auch zukünftig vor Krieg und Feuer zu schützen. Meine Beobachtung ist, dass die Anbetungsstunden von Wenigen wahrgenommen werden, aber die Prozession auch bei schlechtem Wetter von Vielen geschätzt wird. Es ist müßig, darüber nachzudenken, warum dies so ist.
Das Fest der hl. Agatha lädt mich ein, zu fragen, welchen Stellenwert diese drei christlichen Grundvollzüge Fasten, Beten und Almosen geben in meinem Leben einnehmen. Sie haben nichts an Aktualität verloren. Deshalb feiere ich gerne dieses Agathafest in all seinen Traditionen.
Als jemand, der nicht in Olpe geboren und aufgewachsen ist, lade ich alle Bürger der Stadt Olpe ein, dieses Fest mit Gottesdienst, Betstunden und der abendlichen Prozession mitzufeiern! Es ist für mich ein Fest des Gebetes und der Begegnung!
Sr. Gertrudis Lüneborg
(Olper Franziskanerin und Gemeindereferentin)
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