Wie wird der Glaube in meiner Familie weiterleben?
Jetzt ist die heimelige Weihnachtszeit als eine gelungene Auszeit vorbei und man beschäftigt sich gedanklich mit der Zukunft. Und die Zukunft sind die Kinder, ob man selbst welche hat oder nicht. Ich selbst habe jetzt Kinder, bei denen ich voller Stolz sehe, wie sie schon jetzt auf eigenen Füßen stehen und mich nur noch wenig brauchen. Trotzdem mag ich es auch jetzt noch, wenn sie mich um Rat und Hilfe fragen und wenn ich nur eine Spinne entfernen muss. Dabei versuche ich den Spruch zu leben: Man muss seinen Kindern Wurzeln geben und Flügel lassen, was einfacher gesagt als getan ist.
Doch wie ist das mit dem Glauben? Wie kann man den in den Kindern wachsen und gedeihen sehen? Und wie wird das mal mit den Enkeln sein? Verdunstet der Glaube nicht immer mehr in unserer Zeit? Wird er nicht immer mehr angefragt (was ja erst einmal gut ist) und angezweifelt, wenn zum Beispiel Mütter schon Bedenken haben, wenn im katholischen Kindergarten gebetet wird? “Das solle das Kind selbst entscheiden, wenn und wann es beten wolle!” Wie soll ein Kind denn etwas vom Glauben lernen, wenn es ihm vorenthalten wird? Wer sich gut entscheiden soll, muss doch erst einmal Erfahrungen sammeln.
Was für Wurzeln haben meine Frau und ich gelegt? Fliegen meine Kinder richtig im Glauben und damit im Leben? Sind die Flügel stark genug für die großen und kleinen Belastungen? Wird der Glaube die Generationen überleben und tragen?
Einfacher als die Flügel sind die Wurzeln zu beschreiben. Bei meiner Frau und mir waren das die Familie und die vielen kirchlichen Gruppen, die es damals gab. Rückblickend würde ich von einer Gruppenkirche sprechen. Es gab Messdiener‑, KJG‑, Kommunion- und Firmgruppen, die kirchliche Jugendband und den Jugendliturgiekreis, die Jugendmessen vorbereiteten. Alles gelebter Glaube in guter Gemeinschaft.
In unseren Familien war der sonntägliche Kirchgang eine selbstverständliche Pflicht. Es hätte Ärger und Erklärungsnöte mit den Eltern gegeben, wenn man nicht gegangen wäre. Es war aber eine unausgesprochene Pflicht und meine Eltern gingen ja auch selbstverständlich in die Messe. Aus der Pflicht heraus wurde aber einfach eine gute, verlässliche Gewohnheit, eine Selbstverständlichkeit, es ist halt so.
Ich selbst habe meine Kinder nie gezwungen, in die Kirche zu gehen, sie aber oft gebeten, mitzukommen, was auch manchmal klappt, manchmal aber auch nicht. Es ist aber auch keine Selbstverständlichkeit mehr in die Kirche zu gehen und es gibt auch mehr Gegenangebote, wie die Fußballspiele der eigenen Mannschaft oder die Sonderproben des Musikvereins. Als Messdiener mit einer Aufgabe waren sie noch begeistert dabei, aber nur Zuhören auf die Lesungen der Geschichten, die sie schon kennen, übt keinen großen Reiz aus.
Wo sind sonst Wurzeln gelegt? Bei uns gehört das Tischgebet bei jedem warmen Essen auf jeden Fall dazu und als die Kinder klein waren, hat man mit ihnen das Nachtgebet gesprochen. Meinem Sohn habe ich gerne die 4 CDs der Kinderbibel von Jörg Zink zum Einschlafen vorgespielt, ein Rüstzeug, von dem er bis zum Gymnasium im Religionsunterricht profitierte. Auch der Kindergarten, die Grundschule und das Gymnasium haben weitere Wurzeln gelegt. Ergänzend kamen der Erstkommunionunterricht und die Firmvorbereitung hinzu. So sind die Wurzeln und ein gutes Rüstzeug gegeben, aber braucht Glauben nicht auch Nahrung und Übung?
Auch heute findet man noch kirchliche Gruppen, wenn man sie sucht, und die Muggelkirmes ist gerade etwas, wo sich Kinder und Jugendliche gut einbringen können und engagieren. Ansonsten ist es schön, wenn zu den kirchlichen Festen, die Prozessionen und Messen besonders festlich gestaltet sind und schon für viele selbstverständlich dazu gehören, besonders Ostern und Weihnachten stechen da besonders hervor und ohne die Festgottesdienste wären diese Feste doch inhaltslos und nur noch verkaufsgeschwängert.
Manchmal ist es aber auch schön, überrascht zu werden, weil etwas kommt, was man nicht erwartet und dann doch wieder zum Ereignis passt:
Als ich mit meinen Kindern in der Weihnachtsmesse war und Vikar Todt seine Predigt anfing, war ich doch sehr irritiert, nicht auf die Heilige zu kommen, von der er sprach. Auch meine Kinder wurden immer aufmerksamer und waren stolz, viel eher auf die Person zu kommen, die gar nicht im Buch der Heiligen verzeichnet ist, nämlich Taylor Swift. Und als es am Ende der Messe sogar von der Jugend aus St Marien gestaltete Freundschaftsbänder gab, in denen der Name eines Heiligen verzeichnet war, waren die Kinder noch begeisterter: Ausgerechnet ich als Bänker hatte mir einen mir wieder unbekannten Heiligen gezogen, der wunderbar passte: Aemilianus, ein Heiliger, der beschuldigt wurde, die kirchlichen Güter zu verschwenden, da er gegenüber den Armen zu großzügig sei. Das passte jetzt echt zu unserem katholischen Humor und das werden wir behalten.
Jürgen Latzel
(Gemeindemitglied)
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