Gedanken zum Tag — 05. Oktober 2022 — Mitt­woch der 27. Woche im Jahreskreis

5. Okt 2022

„Laudato si, o mio Signore“

Dieses Lied kennen fast alle, die in Kinder- und Schul­got­tes­dienste gehen und die sich dieses Lied oft sogar für ihren Firmungs­got­tes­dienst auswählen.

„Laudato si“ ist die so schön klin­gende italie­ni­sche Version des Sonnen­ge­sangs des Heiligen Fran­ziskus, dessen Gedenktag wir gestern feierten! Sei gelobt mein Herr, für alle Deine Geschöpfe, so beginnt das Lied, das als erste Dich­tung im Hoch­i­ta­lie­ni­schen bekannt wurde.

Wenn man es liest, erwärmt es das Herz. Es lobt und preist Sonne und Mond und Sterne, das Wasser und das Feuer, Wind und Regen, die Erde und all das Schöne auf ihr.

Aber dann wird es plötz­lich anders. Fran­ziskus besingt auch alle, die Krank­heit und Schwäche ertragen und die Verge­bung üben, gegen­über denen, die ihnen Böses tun. Und er geht noch weiter: Er besingt und lobt Gott auch für „Bruder Tod“, dem kein lebender Mensch entrinnen kann. Aber er weiß auch, dass der Tod notwendig ist, um hinüber­zu­kommen in das Land der Lebenden, in die Ewige Herr­lich­keit Gottes.

Und spätes­tens an der Stelle im Lied wird mir wieder bewusst, dass dieser Sonnen­ge­sang kein nied­li­ches Sonne-Mond-und-Sterne Lied­chen ist, wie wir das so gerne hätten. Es ist ein Loblied auf Gott, den Schöpfer allen Lebens, der uns nicht auf einen Ponyhof oder in ein Kinder-Bälle-Para­dies gesetzt hat. Er hat uns die Erde und das Leben gegeben, damit wir es gestalten und das Leben in Fülle haben.

Und zur Fülle des Lebens gehört alles: Geburt und Leben, Freude und Leid, Jubel und Trauer, Sonne und Regen, Satt-sein und Hungern, Leben und Sterben.

Der Sonnen­ge­sang des Franziskus

Höchster, allmäch­tiger, guter Herr, dein sind das Lob, die Herr­lich­keit und Ehre und jegli­cher Segen. Dir allein, Höchster, gebühren sie, und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen.

Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen, zumal dem Herrn Bruder Sonne, welcher der Tag ist und durch den du uns leuch­test. Und schön ist er und strah­lend mit großem Glanz: Von dir, Höchster, ein Sinnbild.

Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Mond und die Sterne; am Himmel hast du sie gebildet, klar und kostbar und schön.

Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Wind und durch Luft und Wolken und heiteres und jegli­ches Wetter, durch das du deinen Geschöpfen Unter­halt gibst.

Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nütz­lich ist es und demütig und kostbar und keusch.

Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Feuer, durch das du die Nacht erleuch­test; und schön ist es und fröh­lich und kraft­voll und stark.

Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns erhält und lenkt und viel­fäl­tige Früchte hervor­bringt und bunte Blumen und Kräuter.

Gelobt seist du, mein Herr, durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen und Krank­heit ertragen und Drangsal. Selig jene, die solches ertragen in Frieden, denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt.

Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, den leib­li­chen Tod; ihm kann kein Mensch lebend entrinnen. Wehe jenen, die in tödli­cher Sünde sterben. Selig jene, die er findet in deinem heiligsten Willen, denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun. Lobt und preist meinen Herrn und dankt ihm und dient ihm mit großer Demut.

Es ist ein sehr erwach­senes Gebet, das Fran­ziskus zwei Jahre vor seinem Tod, krank und fast blind, geschrieben und gebetet hat.

Sr. Katha­rina Hartleib
(Konvent San Damiano)

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