Gedanken zum Tag – 01. September 2024 – 22. Sonntag im Jahreskreis

1. Sep 2024

In der kommenden Woche ist eine Reise­gruppe des Pasto­ralen Raums Olpe-Drol­s­hagen neun Tage auf den Spuren des Hl. Apos­tels Jakobus unter­wegs. Nach der Anreise per Flug­zeug in das nord­spa­ni­sche Bilbao sind die Pilgernden per Bus auf der ca. 700 km langen Strecke Rich­tung Sant­iago de Compos­tela. Der Weg bietet immer wieder die Möglich­keit, neben Besich­ti­gungen an kleinen Wande­rungen teil­zu­nehmen, die die Teil­neh­menden hautnah auf schöne Abschnitte des Jakobs­wegs bringen. Hinzu kommen Elemente der geist­li­chen Einkehr wie die Feier der Hl. Messe, Morgen- und Abend­ge­bete sowie geist­liche Impulse an bestimmten Etappenabschnitten.

Was bewegt eigent­lich Menschen, um nach ein, zwei Tagen oder auch ein oder mehreren Wochen „Heilige Orte“ zu errei­chen? – Es gibt die verschie­densten Motive für eine Wall­fahrt: der Wunsch nach Heilung, der Dank für eine Gene­sung, die Bitte um Erfül­lung beson­derer Wünsche, Fernweh, Reise- oder Aben­teu­er­lust. Fast allen Pilgern ist aber die Sehn­sucht nach dem „heiligen Ort“ gemeinsam. Wall­fahren ist ein Zeichen, das zum Ausdruck bringt: Menschen sind in dieser Welt stets unter­wegs und haben Ziele vor Augen, welche unter­schied­lich sind und viel­fach auf die Erfah­rung Gottes abheben.

So machen sich im Fall der Jako­bus­wall­fahrt mehr als 1000 Jahre Menschen in allen Teilen Europas auf, um nach Sant­iago de Compos­tela zu gelangen. Neben Rom und Jeru­salem ist es die bedeu­tendste Pilger­stätte der Chris­ten­heit. Jakobus der Ältere war mit seinem Bruder Johannes einer der zwölf Apostel Jesu. Jakobus wurde durch König Herodes Agrippa I. im Jahr 44 n. Chr. in Jeru­salem hinge­richtet und eine Legende erzählt, dass zwei seiner Freunde den Leichnam stahlen, ihn nach Jaffa an der israe­li­schen Mittel­meer­küste schafften und dort auf ein Schiff verluden, dessen Besat­zung aus unsicht­baren Engeln bestand. Dieses Schiff war dann sieben Tage unter­wegs und stran­dete an der Küste Gali­ciens bzw. Nord­west­spa­niens. Dort wurde der Leichnam auf einen Ochsen­karren verladen. An dem Ort, an dem sich die Ochsen danach nieder­ließen, soll er begraben worden sein. Um 825, mehr als 780 Jahre später, wurde ein Grab gefunden, von wunder­samen Licht­zei­chen (Sternen) über­strahlt. Es entstand an dieser Stelle eine Grab­kirche, um die sich eine Ansied­lung mit Markt bildete: Sant­iago de Compos­tela (aus dem Latei­ni­schen campus stellae = „Ster­nen­feld“), zu Deutsch Hl. Jakobus vom Sternenfeld.

Zahl­reiche Wunder und Legenden umrankten im Laufe der Zeiten die Person des Heiligen. Immer wieder flehte man ihn um Hilfe an und er unter­stützte die Menschen in Not und Gefahr. Durch die allge­meine poli­ti­sche Situa­tion und die Kirchen­po­litik wurde die Pilger­fahrt in den Jahr­hun­derten viel­fach geför­dert. Die drohende Erobe­rung ganz Spaniens im 8. Jahr­hun­dert durch die Mauren musste gestoppt werden. Der heilige Sant­iago erhielt den Beinamen „der Mauren­töter“, weil er gemäß einer Legende Karl dem Großen in der entschei­denden Schlacht gegen die Mauren zu Hilfe eilte und so den Christen zum Sieg verhalf. Mit ca. einer Million Pilgern pro Jahr erreichte der Pilger­strom im 12. Jahr­hun­dert seinen vorläu­figen Höhe­punkt. Es wurden Straßen für die Pilger gebaut, Brücken, Herbergen und Hospize. Ende des 16. Jahr­hun­derts, zur Zeit der Aufklä­rung bzw. Refor­ma­tion, die die Vereh­rung Heiliger in Frage stellte, gab es dann kaum noch Wall­fahrer. Seit den sieb­ziger Jahren des 20. Jahr­hun­derts erlebte die Pilger­schaft auf dem Jakobsweg erneut einen großen Aufschwung. Der Grund dafür wurde durch das 2. Vati­ka­ni­sche Konzil (1962–65) in Rom gelegt, welches von der Kirche im Bild des pilgernden Volk Gottes sprach. Ferner machten Personen des öffent­li­chen Lebens durch ihre eigenen Erfah­rungen und Berichte die Jako­bus­wall­fahrt populär. Die Legenden über den Hl. Jakobus, das Ziel der Wall­fahrt und vor allem der Weg faszi­nierten im Lauf der Geschichte und faszi­nieren heute erneut viele Menschen.

Um an die bereits gestellte Frage anzu­knüpfen: Was kann also Pilgern für heutige Menschen bedeuten? – Auf Pilger­schaft sein, pilgern, bedingt eine Orts­ver­än­de­rung, sowohl geogra­fisch, körper­lich als auch spiri­tuell. Pilgern ist die Einla­dung, eine Auszeit zu nehmen, sich neu zu erleben und zu orien­tieren. Pilgern fordert heraus, unter­wegs zu sein zu sich selbst. „Ultreia – Auf geht‘s, vorwärts, immer weiter nach Sant­iago!“ – so lautet der Ruf des Jako­bus­pil­gers. Auch wenn ich nicht auf Reisen nach Sant­iago bin, kann dieser Ruf ein Ansporn für mein tägli­ches Leben sein, das Wesent­liche im Blick zu haben und Gott nicht aus den Augen zu verlieren.

Johannes Hammer, Pfr.

 

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