Der Turmbau zu Babel und das Pfingstwunder
Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache. Als sie nun von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene … und sprachen: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche. … Da fuhr der Herr hernieder … und … sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben. … Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des anderen Sprache verstehe! So zerstreute sie der Herr … über die ganze Erde … …
Die Geschichte vom Turmbau zu Babel im 1. Buch Mose ist ein Bild dafür, wohin und wie weit menschliche Hybris, das Wie-Gott-sein-wollen reicht und welche Konsequenzen dieses Denken, dieses Tun und Verhalten in sich trägt. Aus einem Himmelssturm wurde ein Höllensturz. Dieses Thema durchzieht das gesamte Alte Testament. Babylon stellt einen Cantus firmus, eine Melodiestimme für den Lauf der Weltgeschichte dar.
Nun befinden wir uns in der Pfingstzeit, und das Pfingstgeschehen eröffnet uns Horizonte, die wir in der Pfingstgeschichte voll entfaltet vor uns sehen. Ich will sogar behaupten, dass wir die Geschichte von der babylonischen Sprachverwirrung nur dann sachgemäß verstehen können, wenn wir sie an der Pfingstgeschichte spiegeln, d.h., diese als Kontrastgeschichte in unser Verständnis vom babylonischen Turmbau einbauen.
Nun erst einmal der Bericht vom Pfingstwunder:
Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle beieinander … Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, … wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in anderen Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab. … … Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und … jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.
Diese Bildersprache des Pfingstwunders ist für Christen, für das Volk Gottes nichts mehr und nicht weniger als die Aufhebung der babylonischen und von Menschen zu verantwortenden Katastrophe. Dort, wo menschliches Unvermögen und fehlgeleitetes menschliches Streben sich zu einer verheerenden Tragödie ausgeweitet hatten und zu einem großen NEIN kumuliert waren, — dort, gerade dort sagt mit dem Pfingstgeschehen Gott uns sein großes JA zu, lässt uns nicht geist- und orientierungslos unsere Straße ziehen, sondern weist uns durch seinen Geist zueinander, so dass wir uns verstehen, weil das uns verbindende Moment – nein – nicht unser Geist ist, sondern seiner es ist. Die Zusage bleibt gültig – auch gegen Widerwärtigkeiten und Enttäuschungen. Die babylonische Sprachverwirrung ist vom Grunde her aufgehoben. Das ist das große Wunder, das uns Pfingsten geschenkt worden ist. Und wenn Sie ein höchst aktuelles Beispiel für das Wirken des Heiligen Geistes genannt bekommen wollen: Ich habe den Heiligen Geist sehr kräftig am Werk gesehen, als die anglikanische Bischöfin von Washington, Mariann Edgar Budde, das Wort direkt an Trump bei dessen Amtseinführung richtete und ihn bat, Barmherzigkeit gegenüber den Menschen im Land zu üben, die nun in Angst lebten. Die Antwort des Präsidenten ist bekannt, er erklärte die Bischöfin zu einer „linksradikalen Hardlinerin und Trump-Hasserin“.
Der Glaube an den Auferstandenen eint uns, und Gottes Geist lässt uns immer wieder eine gemeinsame Sprache finden und jenen widerstehen, die eine Welt nach den Vorstellungen von Trump schaffen wollen.
Dr. Hans-Bodo Thieme
Angaben zu den Bildern:
1. Der Turmbau zu Babel (Französischer Meister im Stundenbuch des Herzogs von Bedford; 1423)
2. „Pfingsten“, 1909 Öl auf Leinwand 87 x 107 cm ( Wvz. Urban 318) von Emil Nolde
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