Gedanken zum Tag – 30. August 2020, 22. Sonntag im Jahreskreis

30. Aug. 2020

Uns fehlen die Worte –

das waren die meist­ge­hörten oder ‑geschrie­benen Sätze in den Beileids­be­kun­dungen, die unsere Familie erreicht haben. Unsere Schwie­ger­tochter, Ehefrau unseres ältesten Sohnes, Mutter von drei Kindern (sieben Jahre, 19 Monate, drei Monate) wurde nach einem Herz­in­farkt von Gott heimgerufen.
Wir fragen uns immer wieder: „Warum? Warum sie?“ Einen Schick­sals­schlag hatte die junge Familie ja schon hinter sich: Vor drei Jahren hatte sie ein Kind nach zwölf Tagen verloren. Warum musste jetzt die Mutter gehen? Warum?

Man fängt langsam an, mit Gott zu hadern. Die Wege Gottes sind uner­gründ­lich, scheinbar unge­recht und man kann sie nicht nachvollziehen.

Man fragt sich: Wie wird die Familie damit fertig? In dieser Situa­tion ist die Hilfs­be­reit­schaft groß. Es gibt eine Gruppe „Helfende Hände“, Freunde, Nach­barn und die Familie, die alle ihre Hilfe anbieten und erreichbar sind. Ganz zu schweigen von den Groß­el­tern – die müssen „funk­tio­nieren“.

Man ist auch für jedes Gespräch dankbar, das uns von den Sorgen ablenkt, für ein freund­li­ches Zuni­cken, wenn die Worte fehlen. Ein Hände­druck oder eine Umar­mung wären schön – aber in Coro­na­zeiten nicht möglich. Als schlimm empfindet man es, wenn Mitmen­schen bewusst die Stra­ßen­seite wech­seln – sie könnten ja ange­spro­chen werden – und keine Worte finden.

Langsam holt einen der Alltag wieder ein. Die Schule hat begonnen. Felix hat seine ersten Kinder­gar­ten­tage – Einge­wöh­nung mit dem Opa. Aber es gibt noch so viele Dinge, die gere­gelt werden müssen. Und immer wieder die Frage: „Warum? Warum sie?“

Abschied nehmen ist, als falle man in ein tiefes, dunkles Loch ohne Ziel und Boden. Doch irgend­wann tauchen Erin­ne­rungen an schöne Momente auf und zeigen uns den neuen Weg.

In einer Beileids­karte lasen wir: „Trauer ist wie ein großer Fels­bro­cken. Wegrollen kann man ihn nicht. Zuerst versucht man, nicht darunter zu ersti­cken, dann hackt man ihn Stück für Stück kleiner; und den letzten Brocken steckt man in die Hosen­ta­sche und trägt ihn ein Leben lang in Liebe mit sich herum.“

Der Tod ist das Ende des Lebens – aber nicht der Liebe. Und Gott ist die Liebe.

Und der christ­liche Glaube gibt hier Trost, Kraft und Hoff­nung, denn – Menschen begleiten uns eine Weile, einige bleiben für immer, denn sie hinter­lassen Spuren in unseren Herzen.

Hoff­nung macht auch der viel­zi­tierte Text von Diet­rich Bonhoeffer:

Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr. …

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bitteren des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus deiner guten und geliebten Hand. …

Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Cornelia Heider

Leser interessierten sich auch für:

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner