Gedanken zum Tag – 25. November 2020, Mitt­woch der 34. Woche im Jahreskreis

25. Nov. 2020

Von einer lieben Kollegin habe ich folgenden Text erhalten:

Das rosa Tütchen

Als ich eines Tages traurig durch den Park schlen­derte und mich auf einer Park­bank nieder­ließ, um über alles nach­zu­denken, was in meinem Leben schief läuft, setzte sich ein fröh­li­ches kleines Mädchen zu mir.

Sie spürte meine Stim­mung und fragte: „Warum bist du so traurig?“

„Ach“, sagte ich, „ich habe keine Freude im Leben. Alle sind gegen mich. Alles läuft schief. Ich habe kein Glück und ich weiß nicht, wie es weiter­gehen soll.“

„Hmmm“, meinte das Mädchen, „wo hast du denn dein rosa Tütchen? Zeig es mir mal. Ich möchte da mal hineinschauen.“

„Was für ein rosa Tütchen?“, fragte ich sie verwun­dert. „Ich habe nur ein schwarzes Tütchen.“

Wortlos reichte ich es ihr.

Vorsichtig öffnete sie mit ihren zarten kleinen Fingern den Verschluss und sah in mein schwarzes Tütchen hinein. Ich bemerkte, wie sie erschrak.

„Es ist ja voller Alpträume, voller Unglück und voller schlimmer Erlebnisse!“

„Was soll ich machen? Es ist eben so. Daran kann ich doch nichts ändern.“

„Hier nimm,“ meinte das Mädchen und reichte mir ein rosa Tütchen. „Sieh hinein!“

Mit etwas zitternden Händen öffnete ich das rosa Tütchen und konnte sehen, dass es voll war mit Erin­ne­rungen an schöne Momente des Lebens. Und das, obwohl das Mädchen noch jung an Menschen­jahren war.

„Wo ist dein schwarzes Tütchen?“, fragte ich neugierig.

„Das werfe ich jede Woche in den Müll und kümmere mich nicht weiter darum“, sagte sie.

„Für mich ist es wichtig, mein rosa Tütchen im Laufe des Lebens voll zu bekommen. Da stopfe ich so viel wie möglich hinein. Und immer, wenn ich Lust dazu habe oder ich beginne traurig zu werden, dann öffne ich mein rosa Tütchen und schaue hinein. Dann geht es mir sofort besser.“

Noch während ich verwun­dert über ihre Worte nach­dachte, gab sie mir einen Kuss auf die Wange und war verschwunden.

Neben mir auf der Bank lag ein rosa Tütchen. Ich öffnete es zaghaft und warf einen Blick hinein. Es war fast leer, bis auf einen kleinen zärt­li­chen Kuss, den ich von einem kleinen Mädchen auf einer Park­bank erhalten hatte.

Bei dem Gedanken daran musste ich schmun­zeln und mir wurde warm ums Herz.

Glück­lich machte ich mich auf den Heimweg, nicht verges­send, am nächsten Papier­korb mich meines schwarzen Tütchens zu entledigen.

Und so habe ich heute begonnen, mein rosa Tütchen zu befüllen. Ich habe einen langen Spazier­gang mit meiner Freundin und unserem Hund gemacht. Maddox freut sich immer so sehr, wenn er raus in die Natur kommt. Und so ist es bei mir auch; früh morgens genieße ich den stillen See und höre nur ein paar Gänse schnat­tern und Vögel zwit­schern. Aber auch die Autos und LKW höre ich, die über die Haupt­straße fahren. Sie stören aber nicht, sie gehören auch dazu. Heute bin ich beson­ders froh, mir die Zeit genommen zu haben, mit meiner Freundin zu gehen. Ich bin dankbar für die Gespräche mit ihr und dass sie einfach da ist. Dies habe ich in mein rosa Tütchen gelegt und dabei sah ich, dass es bereits mit vielen schönen Dingen gefüllt ist. Der Barfuß­gang durch den Wald mit meiner jüngsten Tochter vor ein paar Tagen, das Tele­fonat mit einer guten Freundin, die weit entfernt wohnt, der wunder­schöne Blumen­strauß meines Mannes – einfach mal so -, der Moment beim Braut­kleid­kaufen der großen Tochter, als sie IHR Kleid gefunden hatte, meine Dank­bar­keit für die kleinen Dinge des Lebens und für alle lieben Menschen an meiner Seite und die, die über uns wachen.

Danke, liebe Anja, für die wunder­schöne Geschichte.

Ich wünsche allen ein stets volles rosa Tütchen…!
Doro­thee Zeppenfeld

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