Gedanken zum Tag – 22. November, Christkönigsfest

22. Nov 2020

Bei Spazier­gängen und Wande­rungen durch unsere inzwi­schen leider borken­kä­fer­ge­schä­digten sauer­länder Wälder treffen wir immer wieder auf sie: Kapellen, Bild­stöcke, Wege­kreuze, d.h. Zeug­nisse tiefen christ­li­chen Glau­bens und – wie ich finde – auch großen Gott­ver­trauens der Ersteller dieser Bauwerke.

Als Dank für seine gesunde Heim­kehr aus dem ersten Welt­krieg errich­tete 1918 der aus Günsen stam­mende Franz Becker ein Heili­gen­häus­chen ober­halb seines Heimat­ortes zwischen den Ortschaften Dahl-Fried­richs­thal und Günsen. Ursprüng­lich zeigte der Bild­stock ein Holz­bild der Mutter Gottes. In den 60er Jahren wurde dieses Bild bei einer Reno­vie­rung des Häus­chens durch ein Mosaik der Gottes­mutter ersetzt, das dort auch heute noch vorhanden ist. Das Madonna-Mosaik hat sogar die voll­stän­dige Zerstö­rung des Mutter­got­tes­häus­chens durch den Orkan Kyrill im Januar 2007 unbe­schä­digt überstanden.

Eben­falls als Dank­sa­gung für Ihre unver­sehrte Rück­kehr aus diesem schreck­li­chen Krieg erbauten Wilhelm und Hein­rich Bieker aus dem heute über­stauten Biggetal einen Mari­en­bild­stock zu Ehren der Mutter Gottes am Sonderner Kopf. Dieses Bauwerk über­stand auch die Abbruch­ar­beiten der Bigge­tal­sperre. Der mit dem Abriss beauf­tragte Bagger­fahrer weigerte sich nämlich schlicht und einfach, dieses Heili­gen­häus­chen abzu­reißen. Beim Einstau der Bigge­tal­sperre stellte man dann fest, dass das Wasser selbst bei Voll­stau der Sperre nur bis an den Sockel des Häus­chens reichte und es nicht im neuen See versank. So wurde es zum einzigen Bauwerk, das aus dem alten Tal noch erhalten blieb.

Ober­halb des Ortes Saßmicke, an der Wegga­be­lung nach Hill­micke, Brachtpe und Gerlingen, errich­tete Alois Häner aus Fohrt gemeinsam mit seinem Vater August aus Dank­bar­keit für seine Rück­kehr aus dem zweiten Welt­krieg das soge­nannte „weiße Kreuz“. Dieser Platz, versehen mit einer Sitz­mög­lich­keit, lädt zum Inne­halten und Verweilen ein. Einen guten Kilo­meter weiter auf dem Weg nach Gerlingen errich­teten Über­le­bende des zweiten Welt­kriegs einen Bild­stock, der der Mutter Gottes gewidmet wurde. Auf einer Tafel unter­halb der Mari­en­figur befindet sich die Inschrift „Zum Gedenken an Stalingrad“.

Der Dahler Josef Kappe­stein errich­tete 1956 zwischen der Dahler Höhe und der Ortschaft Elben das „Dahler Glöck­chen“. Der an einer großen Fichte befes­tigte Holz­bild­stock trug die Aufschrift „Heiliger Josef – Bitte für uns“. Daneben befand sich ein aufge­stauter Teich mit Wasserrad und einem Glöck­chen, dessen Geläut schon von weitem zu hören war. Leider musste dieser sich mitten im Wald befind­liche Ort der Ruhe und Einkehr vor einigen Jahren dem Weiterbau der A4 weichen.

Die Aufzäh­lung dieser Glau­ben­s­orte sind nur einige wenige Beispiele, die vom Glauben unserer Vorfahren zeugen. Sie lassen sich um eine Viel­zahl anderer Bild­stöcke, Kapellen, kurzum um Zeug­nisse tiefer Verwur­ze­lung früherer Menschen in unserem christ­li­chen Glauben erwei­tern. Sie finden sich auch nicht nur bei uns im Sauer­land, sondern sie wurden auch an viel­zäh­ligen anderen Stellen und Orten errichtet.

Die Errich­tung dieser Glau­ben­s­orte ist oftmals mit einer Geschichte verbunden, ähnlich wie dieje­nigen, über die ich berichtet habe. Vielen Erbauern dieser Bauwerke war gemein, dass sie sich in einer Notlage befanden. Zum Teil getrennt von ihren Fami­lien, weit ab von ihrer Heimat, hatten diese Menschen trotz ihrer Sorgen, Ängste und Nöte ein so tiefes Gott­ver­trauen, dass sie mit seiner Hilfe ihre – teil­weise lebens­be­droh­liche Notlage — unver­sehrt über­stehen konnten. Ihr Gott­ver­trauen war sogar so groß, dass sie sich entschlossen, dieses Vertrauen und ihre Dank­bar­keit für Gottes Hilfe in Form von Bild­stö­cken, Wege­kreuzen etc. zu bezeugen.

Was hat das Vertrauen unserer Vorfahren auf Gott aber alles heute noch mit uns zu tun? Inmitten unserer schnell­le­bigen und ach so aufge­klärten Welt, vor den Sorgen unseres Alltags, derzeit geprägt von Klima- und Coro­na­krise, zwischen beruf­li­chen und mitunter noch größerem Frei­zeit­stress? Können wir unsere tägli­chen Alltags­sorgen und Probleme einfach im Vertrauen auf Gott zur Seite schieben? Können wir ihm die Verant­wor­tung für unser Leben über­tragen? Ist für uns keine Verant­wor­tung, keine Initia­tive und kein selbst­stän­diges Handeln mehr erfor­der­lich? Wird der „liebe Gott“ schon alles für uns richten? Wohl kaum. Ein solches Verständnis von Reli­gion, Gebet und Flehen um Gottes Hilfe könnte wohl getrost als Aber­glaube oder ähnli­ches bezeichnet werden.

Aber lohnt es sich nicht, darüber nach­zu­denken, dass Gott doch ganz offen­sicht­lich die Gebete seiner Gläu­bigen erhören kann? Kann uns dieses Wissen nicht dabei unter­stützen, unsere heutigen Probleme und Krisen auch zu über­stehen? Verleiht uns dieses Wissen nicht ein Stück Gelas­sen­heit und kann es nicht Stärke und Kraft vermit­teln, um ein eigen­ver­ant­wort­li­ches und selbst­be­stimmtes Leben zu führen? Kann es nicht Trost spenden zu wissen, dass da noch jemand ist, der hilft?

Markus Schlimm
Dahl-Friedrichsthal

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