Gedanken zum Tag – 23. Mai 2021, Pfingstsonntag

23. Mai 2021

Manchmal sind es gerade Krisen oder uner­war­tete Ereig­nisse, die Umdenken, Verän­de­rung oder Aufbruch auslösen. So geschehen an Pfingsten 1897. An jenem Pfingst­montag sagte die gebuchte Blas­ka­pelle für die Pfingst­pro­zes­sion kurz­fristig ihre Teil­nahme ab und die Pfingst­pro­zes­sion musste ohne musi­ka­li­sche Beglei­tung statt­finden. Dies war für die Pfarr­ge­meinde natur­gemäß eine große Enttäu­schung und bei manchem regte sich der Gedanke, ob es nicht möglich wäre, eine eigene Kapelle zu gründen. Die erste Anre­gung dazu machte der dama­lige Pfarrer Heuel. Ihm schlossen sich schnell Lehrer Heine­mann sowie Hein­rich Becker aus Altenkle­us­heim und Josef Müller aus Neuenkle­us­heim an. Schließ­lich grün­dete man im Jahre 1898 den Musik­verein Neuenkle­us­heim. Pfarrer Heuel lag das Thema derart am Herzen, dass er einen Vorschuss auf die Anschaf­fung der ersten Instru­mente gab.

Schnell kamen weitere Mitglieder aus Altenkle­us­heim, Neuenkle­us­heim und Rehring­hausen hinzu. Unter der musi­ka­li­schen Anlei­tung von Josef Müller erlernten alsbald die ersten zehn Musiker ihre Instru­mente. Die Moti­va­tion und der Wille dieser Pioniere war bemer­kens­wert, denn nach nur einem Jahr des Erler­nens der Instru­mente und gemein­samer Proben konnte der Musik­verein am Pfingst­montag 1899 zum ersten Mal die Pfingst­pro­zes­sion begleiten! Die Begeis­te­rung in der Gemeinde war riesen­groß und Pfarrer Heuel war nun sicher, dass er sein Geld in ein sicheres Unter­fangen gesetzt hatte. Seit diesem Tag fühlen wir Neuenkle­us­heimer Musiker uns diesem Fest in beson­derer Weise verpflichtet und haben seitdem alljähr­lich das Pfingst­fest und die Pfingst­pro­zes­sion in den Kleus­heimer Dörfern musi­ka­lisch umrahmt.

122 Jahre später, an Pfingsten 2021, müssen wir mit Bedauern akzep­tieren, dass das dies­jäh­rige Pfingst­fest nach 2020 wieder ohne Prozes­sion und nun auch erst­mals ohne musi­ka­li­sche Beglei­tung durch den Musik­verein Neuenkle­us­heim ablaufen muss. Konnte im letzten Jahr noch die Pfingst­messe feier­lich und musi­ka­lisch umrahmt unter freiem Himmel abge­halten werden, lässt die dritte Welle der Corona-Pandemie und die noch hohen Inzi­denz­werte weder Proben­be­trieb noch die musi­ka­li­sche Gestal­tung einer Mess­feier zu.

Wir stehen in dieser Situa­tion nicht allein da. Auch unsere befreun­deten Musik­ver­eine aus dem Stadt­ge­biet trifft die Zeit ohne das geliebte Hobby und die Gemein­schaft in den Vereinen hart. Aber es ist Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. In meinem letzten Impuls hatte ich von der Hoff­nung in die Wirk­sam­keit der Impfung gespro­chen. Diese macht nun große Fort­schritte und wird uns Schritt für Schritt näher an ein Leben in gewohnten Bahnen führen.

Ach ja, ich sprach Anfangs von Umdenken, Verän­de­rung oder Aufbruch in Zeiten der Krise. Ich würde es ergänzen um Bewusst­sein, Hoff­nung und Dank­bar­keit. Um das Bewusst­sein, wie wert­voll und wichtig die schein­baren Selbst­ver­ständ­lich­keiten unseres tradi­tio­nellen Pfingst­festes für uns immer waren und die Hoff­nung und Dank­bar­keit, wenn wir es im kommenden Jahr wieder bewusst und gemeinsam feiern können.

Das gibt mir auch den Opti­mismus, nach 2023 zu schauen, dem 125-jährigen Jubi­lä­ums­jahr des Musik­ver­eins Neuenkle­us­heim, in dem wir dann zum 122. Mal die Pfingst­pro­zes­sion spielen werden.

Es grüßt Sie optimistisch

Ihr Dr. Michael Heite
(Vorsit­zender des Musik­ver­eins Neuenkleusheim)

 

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