Gedanken zum Tag – 16. September 2020, Mitt­woch der 24. Woche im Jahreskreis

16. Sep 2020

Ich bin verzweifelt!

Brasi­lien hat eine schnelle Reak­tion auf die Corona-Pandemie aus ideo­lo­gi­schen Gründen verschlafen. Für den Präsi­denten war es nur eine kleine Grip­pe­epi­demie. Den Wissen­schaft­lern glaubt er kein Wort. Er gehört zu den Verschwö­rungs­theo­re­ti­kern. Dabei hat Brasi­lien eine der besten Impf­tra­di­tionen, sehr gute Forschungs­in­sti­tute mit welt­weit aner­kannten Forschern. Gott sei Dank haben wir ein eini­ger­maßen funk­tio­nie­rendes öffent­li­ches Gesund­heits­system, das aber schnell an die Grenzen stieß. Feldl­hos­pi­täler mussten aus dem Boden gestampft werden.

Zurzeit haben wir den dritten Gesund­heits­mi­nister, einen General, kein Fach­mann! Vernunft und Logik haben Brasi­lien verlassen.

Gott sei Dank funk­tio­niert der soli­da­ri­sche Zusam­men­halt unter der Bevöl­ke­rung. Körbe mit Grund­nah­rungs­mit­teln und Hygie­ne­ar­tikel werden verteilt. Arbeiter und Ange­stellte in Teil­zeit bekommen einen Teil des Lohnes vom Staat.

Die meisten Bildungs­ein­rich­tungen sind geschlossen. Wir hoffen, spätes­tens Ende des Monats wieder mit den regu­lären Vorle­sungen anfangen zu können. Bis jetzt Fern­stu­dium und Skype. Was sollen Schüler und Studen­tinnen machen, die keinen PC und keinen Inter­net­zu­gang haben?

Wenn eine Familie mit zehn Personen in zwei Zimmern auf 20 qm² lebt, wie soll sie soziale Isola­tion pflegen und wie sollen die Kinder studieren?

Brasi­lien ist sozial tief gespalten.

Über die Brände und die Abhol­zung wird welt­weit berichtet. In Brasi­lien wird deren Ausmaß geleugnet. Die indi­genen Völker und die Schöp­fung sind die Leidtragenden.

Gottes­dienste, Taufen, Hoch­zeiten fallen aus. Besuche bei Ster­benden eben­falls. Unsere großen reli­giösen Feste mussten gestri­chen werden. Für uns eine Heraus­for­de­rung: Der Zehnte, unsere “Kirchen­steuer”, wird bei der Feier in der Kirche entrichtet. Keine Feier, kein Geld! Gleich­zeitig werden die evan­ge­li­kalen Sekten von der Regie­rung mit Massen an Geld unter­stützt. Sie stützen den Präsidenten.

Die vorbe­halt­lose Liebe zum Nächsten und der Glaube an den christ­li­chen Gott, beides ist mein und unser Lebens­eli­xier. Ich bin manchmal sehr verzwei­felt – mein Glaube an Christus hilft, die schwere Zeit zu bestehen.

Pater Hugo Scheer, SVD
Vitoria, Espi­rito Santo, Brasilien

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