Liebe Leserinnen, liebe Leser!
„Wo ist die Zeit geblieben?“ — Diese Frage verbinden viele beim Anblick heranwachsender Kinder, ob es die eigenen, die Enkelkinder, Nichten oder Neffen oder auch die Kinder von guten Freunden sind. Natürlich verbinde ich persönlich diese Frage auch mit meinen Kindern, die mittlerweile fünf und zweieinhalb Jahre jung sind und dennoch oft das Gefühl habe, dass ich sie doch noch vor kurzem als Baby in den Armen hielt.
Seit letztem Jahr verbinde ich jedoch auch einen anderen Wendepunkt meines Lebens mit dieser Frage: Morgen jährt sich der Todestag meines Vaters zum ersten Mal.
Ich kann mich an diesen Tag erinnern, als wäre es gestern gewesen und doch haben meine Mutter, meine Schwestern und ich viele erste Male ohne ihn erlebt und durchlebt. Geburtstage, Weihnachten, Jahreswechsel… Viele Momente, die wir ohne meinen Vater erlebt haben und in denen er uns einfach sehr gefehlt hat. Gerade in den vergangenen Tagen merkte ich, wie unruhig ich in vielen Momenten war. Weil es im vergangenen Jahr die letzten Tage seines Lebens waren. Er war meist nicht mehr bei Bewusstsein, weil er aufgrund von unerträglichen Nervenschmerzen, die seine schwere Krebserkrankung verursachte, Morphium bekam, aber er war irgendwie doch „noch da“.
Und jetzt? Ist er nicht mehr da. Ein Jahr schon. Oder erst. Irgendwie fühlt es sich kurz und gleichzeitig wie eine Ewigkeit an. Es werden noch viele weitere Tage, Monate und Jahre ohne meinen Vater folgen. Doch…
„Mit jedem Tag der vergeht, lebst du weiter
In meiner Erinnerung
Hab’ all die Bilder mit dir gespeichert
In meiner Erinnerung
Alles endlich, alles verglüht
Geht so schnell, eh du dich versiehst
Ich hab’ dich hier, ich trag’ dich bei mir
In meiner Erinnerung
Verrätst du mir, was bleibt übrig von der Lebenszeit?“
Genau diese Frage, die in dem Lied „In meiner Erinnerung“ von Stefanie Kloß von Silbermond gestellt wird, die kam uns auch bei der Vorbereitung der Beerdigung meines Vaters. Was bleibt übrig von der Lebenszeit, was bleibt übrig von dem Menschen, den wir gehen lassen mussten?
Ich erlaube mir an dieser Stelle, ein paar Zeilen aus einem Text zu zitieren, den ich für die Beerdigung geschrieben habe:
„Voller Dankbarkeit, dass wir ihn bei uns haben durften, feiern wir sein Leben, mit dem er so viele Menschen bereichert hat. Er hat Spuren hinterlassen, bei jedem von uns. Die Trauer um seinen Verlust wird bleiben. Irgendwann wird sie sich verändern. Was aber auch bleibt, ist die liebevolle Erinnerung an ihn. Und die Liebe, die er im Überfluss gegeben hat. Die Liebe bleibt.“
Ihre Laura Neuhaus
(Gemeindemitglied aus Olpe)