St. Martin

Geschichte des heiligen Martin von Tour

Bischof von Tours

* um 316 in Sabaria, dem heutigen Szom­ba­thely in Ungarn
† 8. November 397 in Candes bei Tours in Frankreich

Martin war der Sohn eines heid­nisch-römi­schen Tribuns. Er wurde in Pavia, der Heimat­stadt des Vaters, christ­lich erzogen und im Alter von zehn Jahren in die Gruppe der Katechu­menen — der Tauf­be­werber — aufge­nommen. Mit 15 Jahren musste er auf Wunsch des Vaters in den Solda­ten­dienst bei einer römi­schen Reiter­ab­tei­lung in Gallien eintreten, schied aber im Alter von 18 Jahren aus, weil Christ­sein und Mili­tär­dienst sich nicht verein­baren lassen. Er wurde von Hila­rius, dem späteren Bischof von Poitiers, getauft. Zuvor geschah nach der Legende, was Martin welt­be­rühmt machte: Martin begeg­nete am Stadttor von Amiens als Soldat hoch zu Ross einem frie­renden Bettler, ihm schenkte er die mit dem Schwert geteilte Hälfte seines Mantels; in der folgenden Nacht erschien ihm dann Christus mit dem Mantel­stück bekleidet: er war es, der Martin als Bettler prüfte.

Nach seiner Entlas­sung aus dem römi­schen Heer kehrte Martin nach Panno­nien — der dama­ligen römi­schen Provinz im heutigen Ungarn — zurück; er wollte dort missio­nieren und taufte zuerst seine Mutter. In den Strei­tig­keiten um den Aria­nismus wurde Martin wieder ausge­wiesen und zog sich nach mancherlei Wundern und Aben­teuern über Mailand, wo ihm Ambro­sius begegnet sein mag, auf die kleine Insel Galli­naria vor Albenga im Golf von Genua zurück. Er führt ein Einsied­ler­leben, bis ihn Bischof Hila­rius 360 nach Poitiers zurück­rief. Martin errich­tete in Ligugé in der Nähe von Poitiers 361 eine Einsied­ler­zelle, aus der das erste Kloster Galliens wuchs.

Martin wurde 371 auf Drängen des Volkes Bischof von Tours, trotz Vorbe­halten seitens des Klerus und gegen seinen Willen. Die Legende berichtet, er habe sich in einem Stall versteckt, um der Wahl zu entgehen, doch hätten ihn die Gänse durch ihr Schnat­tern verraten. Der volks­tüm­liche Brauch der Martins­gans, die man vieler­orts zum Martins­fest verzehrt, rührt wohl von dieser Geschichte her. Andere Über­lie­fe­rung berichtet: als Martin als Bischof predigte, wurde er durch eine Schar schnat­ternder Gänse, welche in die Kirche watschelten, unter­bro­chen. Sie wurden gefangen genommen und zu einer Mahl­zeit verarbeitet.

Beim Volk war Martin beliebt als ein gerechter, treu­sor­gender Bischof. Seine Missi­ons­reisen führten ihn durch das ganze Bistum, überall kümmerte er sich um Miss­stände. Auch in seinem hohen Amt verzich­tete er auf alle Privi­le­gien und zog sich in armse­ligen Holz­hütten vor der Stadt zurück; aus dieser Einsie­delei entwi­ckelte sich das Kloster Marmou­tier, das zu einem bedeu­tenden reli­giösen Zentrum wurde. Alle Legenden betonen Martins schlichte Lebensart und demü­tige Haltung: Er putzte selbst seine Schuhe und saß nicht auf der bischöf­li­chen Kathedra, sondern auf einem Bauern­schemel. Als er seinen Rock einem Armen gab und der für ihn auf dem Markt neu gekaufte zu kurze Ärmel hatte, beklei­deten ihn Engel während der Messe. Bei einem Mahl mit dem Kaiser ließ dieser Martin den Pokal zuerst reichen, er aber gab ihn nicht dem Kaiser zurück, sondern an seinen Priester weiter. Seine Askese brachte ihm aber immer wieder die Gegner­schaft des Klerus ein.

Auf einer Missi­ons­reise starb Martin, zu seiner Beiset­zung am 11. November — daher der Gedenktag — strömte eine riesige Menschen­menge. Sein Schüler und Nach­folger als Bischof, Brictus, errich­tete über seinem Grab eine Kapelle, die ein viel besuchtes Ziel von Pilgern und frän­ki­sches Natio­nal­hei­ligtum wurde. König Chlodwig I. erklärte Martin zum Schutz­herrn der frän­ki­schen Könige und ihres Volkes. Die Reli­quien wurden größ­ten­teils im 16. Jahr­hun­dert von Huge­notten zerstört, Reste sind in der um 1900 neu gebauten Martins­kirche von Tours. Sein Mantel galt als frän­ki­sche Reichs­re­li­quie, wurde am Königs­pa­last in Paris aufbe­wahrt und auf allen Feld­zügen mitgeführt.

Mit der Ausdeh­nung des Frän­ki­schen Reiches brei­tete sich der Martins­kult nach Osten aus, zunächst beson­ders im Harz und in Thüringen. Martins­um­züge gab es früher in katho­li­schen Gebieten wie im Rhein­land und in Schle­sien, heute sind sie weit verbreitet: an der Spitze des Zuges reitet “der Heilige”, oft vom Bettler begleitet; dann folgen singende Kinder mit Lampions in den Händen. Der Lich­ter­brauch geht auf die Bedeu­tung Martin Luthers in Thüringen zurück: am 10. November, dem Geburtstag Luthers und Vorabend des Fests seines Namens­pa­trons, versam­melten sich auf dem Erfurter Domplatz abends Kinder mit Papier­la­ternen, um des Refor­ma­tors zu gedenken. Der Martins­umzug ist nun in der katho­li­schen Kirche ein Teil der Licht­sym­bolik, welche am Aller­see­lentag, am 2. November, beginnt und über Advent und Weih­nachten bis Licht­mess am 2. Februar führt.

Der volks­tüm­liche Brauch der Martins­gans, die man vieler­orts zum Martins­fest verzehrt, basiert auf dem Martinstag als Haupt­zinstag: am Martinstag begann das neue Wirt­schafts­jahr des Bauern, an das Gesinde wurde die Löhne bezahlt, Pacht­ver­träge wurden geschlossen, Steuern abge­führt, Knechte und Mägde konnten, wie an Licht­mess, den Dienst­herrn wech­seln. Zu Martini wurde das Vieh geschlachtet, das aus Kosten­gründen nicht den ganzen Winter hindurch gefüt­tert werden konnte: dazu gehörten die Gänse; so ergab sich der Brauch, am Martinstag, vor dem großen Fasten im Advent, Gänse­braten zu essen. Die Gans war auch eine bevor­zugte Zins­bei­gabe an den Grund­herrn, Tribute waren oft bezahlbar in Form von Gänsen. Später erzählte man Legenden, in denen Martin mit Gänsen in Verbin­dung gebracht wurde.

Martin war der erste Nicht­mär­tyrer, der als Heiliger verehrt wurde.

 

Wand­ge­mälde, um 1520 in der Lieb­frau­en­kirche in Ober­wesel

Die Mantel­tei­lung.

Statue im Olper Weiherhohl

Mantel­tei­lung.

Moderne Darstel­lung von Ippazio Fracasso in der St. Martinus Kirche Olpe

El Greco: Martin und der Bettler, um 1597 — 99, National Gallery of Art in Washington

Quel­len­an­gabe

Texte und Bilder zusam­men­ge­stellt nach Joachim Schäfer “Ökume­ni­sches Heili­gen­le­xikon

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