“Der Lockdown hätte viel früher kommen müssen …“
„Der Lockdown ist viel zu hart …“
„Der Lockdown ist bei weitem nicht hart genug …“
„Der Sommer hätte von der Politik besser genutzt werden müssen …“
„Deutschland hätte von vornherein mehr Impfdosen bestellen müssen …“
„Das hätte man doch wissen können …“
„Hätte“, „Wäre“, „Wenn“ und „Aber“…
An vielen Stellen juckt es mich, in Diskussionen einzusteigen. Sehr schnell wird mir aber bewusst, dass dies meistens wenig sinnvoll ist.
Am heutigen 3. Februar feiern wir den Tag des Heiligen Blasius. Als Bischof war er in Armenien im 4. Jahrhundert tätig und starb als Märtyrer. Er zählt zu den 14 Nothelfern und gilt als Schutzpatron vor Halskrankheit und gegen verletzende Worte.
Gegen verletzende Worte? – In Zeiten von Hassrede, „alternativen Fakten“, „Fake-News“, fahrlässiger Kriegsrhetorik und ungehemmten öffentlichen Beschimpfungen mahnt uns der Blick auf den Heiligen Blasius, darauf zu achten, uns nicht gegenseitig durch Worte zu verletzen.
Vor drei Jahren wurde mir in einer Fortbildung neu bewusst, dass wir die Welt um uns herum auf Grundlage unserer eigenen Grundannahmen wahrnehmen. Persönliche Grundannahmen tragen wir oft ein Leben lang – häufig unbewusst – mit uns und lassen uns von ihnen leiten. Dazu gehören Vorstellungen wie „ich habe aber auch immer Pech“, „ich kann doch die Welt nicht verändern“ oder auch „wenn ich will, dass etwas richtig läuft, muss ich es selbst machen“.
Eine Grundannahme, die von der Kursleitung vorgestellt wurde und auf der die Fortbildung aufbaute, lässt mich seit dem nicht mehr los: „Jede/r gibt sein/ihr Bestes. – Immer!“
Ob Grundannahmen der Realität entsprechen oder nicht, lässt sich nicht beweisen und ist zunächst auch nicht wichtig. Es sind halt Annahmen. Allerdings stecken sie tief in uns und lassen sich nur schwer verändern. Und sie beeinflussen unsere Sicht auf die Welt und unser Handeln.
„Jede/r gibt sein/ihr Bestes. – Immer!“ – Ich zweifle. Der Gedanke bringt mich an meine Grenzen angesichts konkreter Personen, denen ich begegne. Doch wenn ich allein die Möglichkeit zulasse, dass diese Aussage stimmt, gucke ich anders auf die Welt und auf meine Mitmenschen.
„Jede/r gibt sein/ihr Bestes. – Immer!“ Auch in der derzeitigen Situation. Auf Grundlage der Informationen, die aktuell zur Verfügung stehen. In dem je eigenen Kontext. Auch Politiker, Lehrer, Ärzte, Virologen, … Dabei kann es zu Fehlern kommen. Es können Dinge falsch beurteilt und unterschiedlich bewertet werden. Aber niemand tut dies absichtlich. Kritik ist erlaubt und sicher auch mal berechtigt oder sogar notwendig – aber wichtig ist darauf zu achten, welche Handlungsmöglichkeiten daraus entstehen, und welche Grundhaltung damit verbunden ist. Meckern hilft nicht weiter. Und niemand hat es verdient, beschimpft oder diskreditiert zu werden, weil (oder obwohl) er oder sie sein bzw. ihr Bestes getan hat.
In diesem Sinne: Bewahre uns der Heilige Blasius vor verletzenden Worten – vor den eigenen und vor denen anderer!
„Jede/r gibt sein/ihr Bestes. – Immer!“
Und auch ich kann mein Bestes geben und so dazu beitragen, die Welt ein bisschen besser zu machen.
Danke, dass Sie Ihr Bestes geben! Und seien Sie gnädig mit sich und anderen!
Es grüßt Sie herzlich
Andreas Berels
(Gemeindereferent im Pastoralverbund Olpe)