Gedanken zum Tag — 03. Februar 2021, Mitt­woch der 4. Woche im Jahreskreis

3. Feb. 2021

“Der Lock­down hätte viel früher kommen müssen …“
„Der Lock­down ist viel zu hart …“
„Der Lock­down ist bei weitem nicht hart genug …“
„Der Sommer hätte von der Politik besser genutzt werden müssen …“
„Deutsch­land hätte von vorn­herein mehr Impf­dosen bestellen müssen …“
„Das hätte man doch wissen können …“
„Hätte“, „Wäre“, „Wenn“ und „Aber“…

An vielen Stellen juckt es mich, in Diskus­sionen einzu­steigen. Sehr schnell wird mir aber bewusst, dass dies meis­tens wenig sinn­voll ist.

Am heutigen 3. Februar feiern wir den Tag des Heiligen Blasius. Als Bischof war er in Arme­nien im 4. Jahr­hun­dert tätig und starb als Märtyrer. Er zählt zu den 14 Nothel­fern und gilt als Schutz­pa­tron vor Hals­krank­heit und gegen verlet­zende Worte.

Gegen verlet­zende Worte? – In Zeiten von Hass­rede, „alter­na­tiven Fakten“, „Fake-News“, fahr­läs­siger Kriegs­rhe­torik und unge­hemmten öffent­li­chen Beschimp­fungen mahnt uns der Blick auf den Heiligen Blasius, darauf zu achten, uns nicht gegen­seitig durch Worte zu verletzen.

Vor drei Jahren wurde mir in einer Fort­bil­dung neu bewusst, dass wir die Welt um uns herum auf Grund­lage unserer eigenen Grund­an­nahmen wahr­nehmen. Persön­liche Grund­an­nahmen tragen wir oft ein Leben lang – häufig unbe­wusst – mit uns und lassen uns von ihnen leiten. Dazu gehören Vorstel­lungen wie „ich habe aber auch immer Pech“, „ich kann doch die Welt nicht verän­dern“ oder auch „wenn ich will, dass etwas richtig läuft, muss ich es selbst machen“.

Eine Grund­an­nahme, die von der Kurs­lei­tung vorge­stellt wurde und auf der die Fort­bil­dung aufbaute, lässt mich seit dem nicht mehr los: „Jede/r gibt sein/ihr Bestes. – Immer!“

Ob Grund­an­nahmen der Realität entspre­chen oder nicht, lässt sich nicht beweisen und ist zunächst auch nicht wichtig. Es sind halt Annahmen. Aller­dings stecken sie tief in uns und lassen sich nur schwer verän­dern. Und sie beein­flussen unsere Sicht auf die Welt und unser Handeln.

„Jede/r gibt sein/ihr Bestes. – Immer!“ – Ich zweifle. Der Gedanke bringt mich an meine Grenzen ange­sichts konkreter Personen, denen ich begegne. Doch wenn ich allein die Möglich­keit zulasse, dass diese Aussage stimmt, gucke ich anders auf die Welt und auf meine Mitmenschen.

„Jede/r gibt sein/ihr Bestes. – Immer!“ Auch in der derzei­tigen Situa­tion. Auf Grund­lage der Infor­ma­tionen, die aktuell zur Verfü­gung stehen. In dem je eigenen Kontext. Auch Poli­tiker, Lehrer, Ärzte, Viro­logen, … Dabei kann es zu Fehlern kommen. Es können Dinge falsch beur­teilt und unter­schied­lich bewertet werden. Aber niemand tut dies absicht­lich. Kritik ist erlaubt und sicher auch mal berech­tigt oder sogar notwendig – aber wichtig ist darauf zu achten, welche Hand­lungs­mög­lich­keiten daraus entstehen, und welche Grund­hal­tung damit verbunden ist. Meckern hilft nicht weiter. Und niemand hat es verdient, beschimpft oder diskre­di­tiert zu werden, weil (oder obwohl) er oder sie sein bzw. ihr Bestes getan hat.

In diesem Sinne: Bewahre uns der Heilige Blasius vor verlet­zenden Worten – vor den eigenen und vor denen anderer!

„Jede/r gibt sein/ihr Bestes. – Immer!“

Und auch ich kann mein Bestes geben und so dazu beitragen, die Welt ein biss­chen besser zu machen.

Danke, dass Sie Ihr Bestes geben! Und seien Sie gnädig mit sich und anderen!

Es grüßt Sie herzlich

Andreas Berels
(Gemein­de­re­fe­rent im Pasto­ral­ver­bund Olpe)

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