Gedanken zum Tag – 27. März 2020, Freitag der vierten Fastenwoche

27. März 2020

Er grillt, auch unter Wasser. Er trinkt seinen Kaffee schwarz – und ohne Wasser. Er isst keinen Honig – er kaut Bienen. Letzter Spruch könnte auf Johannes den Täufer hindeuten. Dann hätten wir´s an dieser Stelle leichter. Dann wären die folgenden Zeilen ganz sicher heraus­for­dernd, provo­kant und unbe­quem. Bei Johannes sind wir das gewohnt. Wir lassen Nerven und gewinnen einen klareren Blick: auf den Propheten am Jordan und durch ihn auf den Herrn. –

Jetzt und hier ist es anders: die ersten drei „Er“ sind durch den Namen Chuck Norris zu ersetzen. Kampf­sportler und Action-Darsteller. In diesem März wurde er achtzig.

Wer jemals einen seiner Filme gesehen hat, weiß, wie das Klischee des schweig­samen Einzel­gän­gers auf die Lein­wand kommt. Muss mitan­sehen, wie sich eine patrio­tisch-reak­tio­näre Gesin­nung, schwülstig-pathe­tisch durch neunzig oder noch mehr Minuten quält.

In seinen Rollen gab Norris den nimmer­müden Kämpfer gegen alle Aggres­soren der Verei­nigten Staaten und ihrer (außen­po­li­ti­schen) Interessen.
„»Rambo« hat seinen Meister an Dumm­heit gefunden.“, rezen­sierte der „Film­dienst“ und er hat recht.

Die persön­liche Film­bio­gra­phie eines Kino­gän­gers, Fern­seh­zu­schauers und Strea­mers kennt Licht und Schatten. Filme unseres Jubi­lars zu schauen heißt, sich der tiefen Dunkel­heit auszu­setzen. Kann man machen, muss man wollen. Erhel­lende Einsichten suchen wir anderswo. –

Die drei Einstiegs-Sprüche: Parodien eines uner­träg­li­chen Rollen­kon­zepts. Ironie kann zur Wahr­heit beitragen.
Viel­leicht lassen sie uns schmun­zeln, viel­leicht sind sie auch eine kleine Hilfe beim Blick auf die Wirklichkeit.

Held-Sein geht anders. Helden wüten nicht mit einer AK-47 herum. Helden sind fried­lich da draußen, halten ruhig aber beharr­lich unsere Stadt und unser Land am Laufen, versorgen Menschen, retten Leben, pflegen, begleiten Sterbende.

Zeit zum Grillen finden sie gerade nicht. Jeder Kaffee lässt sie länger durch­halten. Sofern sie ihn mögen, essen sie ihren Honig wie ihre Mitmen­schen. Unspek­ta­kulär und leise. Ohne jedes Pathos, nicht selten unsichtbar, umso wirkmächtiger.

Denken wir an sie, zünden wir für sie eine Kerze an, statten wir sie täglich mit unserer Fürbitte aus.

Martin Neuhaus

 

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