Gedanken zum Tag – 24. Mai 2020, siebter Sonntag der Osterzeit

24. Mai 2020

„Manchmal könnte ich heulen!“ Ja, ich bin ganz ehrlich — in zehn Wochen Home­of­fice gemeinsam mit drei Teen­agern im Home­schoo­ling, habe ich diesen Satz öfter gedacht, manchmal gesagt und es auch mal getan.

Für mich liegen die Gründe dafür in vielen, kleinen Dingen.

Manchmal beginnt der Tag schon schlecht, wenn ich mich selbst nicht gut moti­vieren kann, meine Büro­ar­beit zu erle­digen; schließ­lich sehe ich die all die Dinge, die statt­dessen im Haus erle­digt werden müssten. Leider warten auch keine Kollegen auf mich.

Manchmal ist es auch schwierig, für Teen­ager einen Schul­morgen zu Hause zu gestalten, der sich halb­wegs an übli­chen Schul­zeiten orientiert.

Manchmal sind es auch Dinge wie das nicht funk­tio­nie­rende WLAN, das dann sowohl meine Arbeit erschwert, aber auch die Kinder an der Erle­di­gung ihrer Schul­auf­gaben hindert.

Manchmal mache ich mir Sorgen über die Kinder, die viel Zeit vor den soge­nannten mobilen Endge­räten verbringen, anstatt wie sonst zur Musik­schule oder zum Sport zu gehen. Auch ärgere ich mich über Whatsapp Anrufe, die ein rich­tiges Treffen ersetzen sollen.

Manchmal ist es auch die Tatsache, dass ich so viel Zeit zu Hause verbringe, so wenige Termine und soziale Kontakte habe.

Sorgen machen mir aber auch Dinge wie die verscho­bene Firmung unserer fünf­zehn­jäh­rigen Tochter, das abge­sagt KJG Zelt­lager, Gottes­dienste, die lange nicht statt­finden durften und nun ohne Mess­diener auskommen müssen, der Früh­schoppen an Fron­leichnam, welcher sicher­lich ausfallen muss, die Muggel­kirmes als Groß­ver­an­stal­tung und die große Romfahrt der Fran­zis­kus­schule, die in Frage steht. Alles Gele­gen­heiten, bei denen unsere Kinder Kirche, Glaube und Gemein­schaft erleben können und die für sie häufig viel anspre­chender sind als der nicht immer beliebte Sonntagsgottesdienst.

Ja, das sind einige Dinge, über die ich mich in diesen Zeiten ärgere und sorge. Diese führen dann dazu, dass ich manchmal heulen könnte.

„Man muss sich durch die kleinen Gedanken, die einen ärgern, immer wieder hindurch­finden zu den großen Gedanken, die einen stärken“, 

so der Rat von Diet­rich Bonhoeffer. Ich denke, die oben beschrie­benen vielen kleinen, ärger­li­chen Gedanken können viele von Ihnen so oder so ähnlich nach­voll­ziehen und sie haben sicher­lich ihre Berech­ti­gung. Die Frage ist nur, wieviel Raum wir ihnen geben, wie sehr sie unseren Alltag noch schwie­riger machen als er im Moment sowieso schon ist, und wie sehr sie Macht über uns haben.

Aber was sind denn in diesen Zeiten die großen Gedanken, die uns stärken können? Folgende Fragen können helfen, diese großen Gedanken zu ergründen und zu benennen: Worüber kann ich echte Freude empfinden? Was sind die posi­tiven Effekte der Krise für unser Fami­li­en­leben? Was gibt mir Kraft in dieser schwie­rigen Zeit?

Ich komme dann schnell auf Antworten wie Familie und Freunde, Erin­ne­rungen an schöne Zeiten, Hoff­nung auf das, was noch kommt, posi­tive Verän­de­rungen, die die Krise bewirkt und mein Glaube und Gottvertrauen.

Viel­leicht probieren wir es mal aus und folgen dem Rat von Diet­rich Bonhoeffer!

Sabine Epe

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