Liebe Leserinnen und Leser,
in diesen Tagen sollte die ökumenische Woche stattfinden. Eine gute Tradition, in der Woche der Brüderlichkeit sich gegenseitig in den Gottesdiensten zu besuchen, einen Gastprediger zu hören und sich gemeinsam zum Lob Gottes zu versammeln. Eine gute Tradition, die wir in diesem Jahr leider unterbrechen müssen, weil wir in der Evangelischen Kirche während des Lockdowns schweren Herzens auf Präsenzgottesdienste verzichten.
Eine gute Gelegenheit, über die Bedeutung der Ökumene vor Ort nachzudenken. Ich persönlich freue mich stets auf die ökumenischen Begegnungen hier in Olpe, ob zu gemeinsamen Gottesdiensten in den Kirchen und Schulen, zu gemeinsamen Aktionen wie dem Kreuzweg der Jugend, Gemeindeabenden oder den regelmäßigen Dienstbesprechungen im Kreis der hauptamtlichen Mitarbeitenden, ich erlebe all dies als ein schönes Miteinander und wir spüren, dass uns viel mehr verbindet als uns trennt. Das Verbindende leben wir fröhlich.
Was uns verbindet, ist der Geist Jesu Christi, was uns eint, ist seine Nachfolge, das Thema des 3. Sonntages im Jahreskreis. Nachfolge ist auch unser gemeinsames Ziel in der Ökumene. Das Wort Ökumene stammt aus dem Griechischen (οἰκουménē) und meint „die bewohnte Erde“ oder auch „die Gesamtheit der Christen“. Wir sind gemeinsam unterwegs, aus unterschiedlichen Richtungen und Traditionen, auf alten Spuren, die Menschen schon vor uns gegangen sind, manchmal auch auf neuen Wegen, weil sich Zeiten und Menschen ändern und wir ihnen dort begegnen, wo sie sind in den Kirchen, aber heute vor allem außerhalb, weil sie seltener zu uns kommen.
Wir sind gemeinsam unterwegs, wir leben vom Brot des Lebens und trinken aus dem Kelch des Heils, weil der Herr dies mit uns teilt. Dass wir davon essen und trinken, aber in der Eucharistie nicht aus einem Kelch, ist schmerzlich und eine noch nicht aufgearbeitete Verletzung aus der Geschichte, die uns weh tut, aber nicht voneinander trennt und zeigt, dass wir uns noch weiter aufeinander zubewegen müssen.
Wir sind gemeinsam unterwegs, manchmal stark und aufrecht, manchmal gebeugt und entkräftet, weil sich die Reihen lichten, Menschen unsere Gemeinden offiziell verlassen, sich aber mit dem Herzen schon lange entfremdet haben.
Wir sind gemeinsam unterwegs und unser Ziel ist ein Haus, in dem wir gemeinsam wohnen können, dankbar und geborgen, eine Herberge, in der wir uns wohlfühlen, versammelt am Tisch dessen, der uns gerufen und dem wir gefolgt sind. Der Vater hat alle seine Kinder versammelt und feiert mit uns das Fest des Lebens, wir sind alle Schwestern und Brüder.
Das ist mein Bild von Ökumene, ein Haus in dem ich wohnen darf, ein Tisch an dem wir zusammensitzen als eine Familie. In der Familie sind wir nicht immer einer Meinung, wir gehen manchmal unterschiedliche Wege, aber wir gehören zusammen, weil wir denselben Vater und dieselbe Mutter haben, wir sind Geschwister und meist fröhlich zusammen. Vor mir steht das Schlussbild des 23. Psalmes: „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.“
Herzliche Grüße
Pfarrer Wolfgang Schaefer
Evangelische Kirchengemeinde