„Liebe deinen Nächsten“.… so heißt es doch, oder?
Meine Gedanken zum Tag sind sehr ehrliche Gedanken. Ich bin 34 Jahre alt und Mutter einer 11-jährigen Tochter. Ich bin selbstständig und Gemeindemitglied in Neuenkleusheim.
Der Alltag gibt mir und meiner Tochter Sicherheit, kann aber auch zum ziemlich harten Gegner werden. So kann die Kinderbetreuung außerhalb der Schule nur von mir gewährleistet werden. Das heißt, ich kann an diversen Aktivitäten wie zum Beispiel dem Elternabend um 20 Uhr nicht teilnehmen. Ich wünsche mir in solchen Situationen mehr Verständnis meiner Mitmenschen, anstatt mit dem Finger auf mich zu zeigen und zu sagen: „Das ist wohl nicht wichtig genug.“ Doch! Diese Termine sind stets wichtig, aber Kinder gehen vor.
Weiteres Beispiel: Wir haben in den Sommerferien mit einem Freund einen Kletterpark besucht. Da ich selbst an Höhenangst leide, habe ich nur zu geschaut. Die nette Dame des Kletterparks kam zu uns und fragte, warum der „Papa“ denn dann nicht mit meiner Tochter klettern ginge. Ich erklärte ihr ruhig, dass der Freund nicht ihr Vater sei. Ich bekam daraufhin mitleidige Blicke. Wieso? Bin ich, weil ich alleinerziehend bin, gleich überfordert? Bin ich weniger wert? Stellen wir uns nur mal kurz vor, wir alle müssten plötzlich unser jetziges Leben ganz alleine meistern: ein Haus bezahlen, ein Kind und sich selber versorgen und alles Drumherum…
Ich bin Mutter und Vater in einer Person. Ich arbeite 40 Stunden die Woche, weil ich finanziell unabhängig bin und weiterhin gerne sein möchte. Ja, das schaffe ich auch, ohne mein Kind zu vernachlässigen. Es kommt aber hinzu, dass die Kinder schnell ausgegrenzt werden, wenn sie keine teure Kleidung tragen. Haben die Kinder heute kein Handy, werden sie gehänselt. Gleichzeitig höre ich Dinge wie: „Wie kann sie sich denn ein neues Auto leisten?“
Meiner Tochter fehlt es an nichts, außer an Toleranz für unsere kleine aber dennoch starke und liebevolle Familie. Das nächste Mal, wenn wir in der Stadt Alleinerziehende treffen, die keinen Partner an ihrer Seite haben, sollten wir ihr/ihm doch mal sagen, wie toll sie/er das alles meistert. Und dass man trotz einer doppelten Rolle tolle Kinder hat. Denn genau das gibt uns Mamas und Papas (ob alleine oder nicht) eine ganze Menge Kraft.
Wir alle sollten uns öfter in die Lage unserer Mitmenschen hineinversetzen. Öfter Hilfe anbieten, anstatt negativ zu reden. Denn wir wollen uns doch alle in der Gesellschaft wohl und akzeptiert fühlen.
Ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass es vollkommen in Ordnung ist, nicht immer alles unter Kontrolle zu haben und alleine zu leben. Dinge auch mal zu vergessen. Ich habe meinen Perfektionismus aufgegeben. Ich habe endlich damit aufgehört, es allen recht machen zu wollen, denn das Einzige, was für mich zählt, ist, dass ich eine gute Mutter, Freundin, Chefin und Nachbarin bin.
Und am Ende eines jeden Tages ist es wichtig, dass wir uns selber nicht vergessen haben und ein guter Moment dabei war, der uns lächeln ließ.
Ramona Schulte
(Gemeindemitglied aus Neuenkleusheim)