Gedanken zum Tag — 24. August 2022 — Mitt­woch der 21. Woche im Jahres­kreis — Batho­lo­mäus, Apostel

24. Aug. 2022

„Liebe deinen Nächsten“. so heißt es doch, oder?
Meine Gedanken zum Tag sind sehr ehrliche Gedanken. Ich bin 34 Jahre alt und Mutter einer 11-jährigen Tochter. Ich bin selbst­ständig und Gemein­de­mit­glied in Neuenkleusheim.

Der Alltag gibt mir und meiner Tochter Sicher­heit, kann aber auch zum ziem­lich harten Gegner werden. So kann die Kinder­be­treuung außer­halb der Schule nur von mir gewähr­leistet werden. Das heißt, ich kann an diversen Akti­vi­täten wie zum Beispiel dem Eltern­abend um 20 Uhr nicht teil­nehmen. Ich wünsche mir in solchen Situa­tionen mehr Verständnis meiner Mitmen­schen, anstatt mit dem Finger auf mich zu zeigen und zu sagen: „Das ist wohl nicht wichtig genug.“ Doch! Diese Termine sind stets wichtig, aber Kinder gehen vor.

Weiteres Beispiel: Wir haben in den Sommer­fe­rien mit einem Freund einen Klet­ter­park besucht. Da ich selbst an Höhen­angst leide, habe ich nur zu geschaut. Die nette Dame des Klet­ter­parks kam zu uns und fragte, warum der „Papa“ denn dann nicht mit meiner Tochter klet­tern ginge. Ich erklärte ihr ruhig, dass der Freund nicht ihr Vater sei. Ich bekam daraufhin mitlei­dige Blicke. Wieso? Bin ich, weil ich allein­er­zie­hend bin, gleich über­for­dert? Bin ich weniger wert? Stellen wir uns nur mal kurz vor, wir alle müssten plötz­lich unser jetziges Leben ganz alleine meis­tern: ein Haus bezahlen, ein Kind und sich selber versorgen und alles Drumherum…

Ich bin Mutter und Vater in einer Person. Ich arbeite 40 Stunden die Woche, weil ich finan­ziell unab­hängig bin und weiterhin gerne sein möchte. Ja, das schaffe ich auch, ohne mein Kind zu vernach­läs­sigen. Es kommt aber hinzu, dass die Kinder schnell ausge­grenzt werden, wenn sie keine teure Klei­dung tragen. Haben die Kinder heute kein Handy, werden sie gehän­selt. Gleich­zeitig höre ich Dinge wie: „Wie kann sie sich denn ein neues Auto leisten?“

Meiner Tochter fehlt es an nichts, außer an Tole­ranz für unsere kleine aber dennoch starke und liebe­volle Familie. Das nächste Mal, wenn wir in der Stadt Allein­er­zie­hende treffen, die keinen Partner an ihrer Seite haben, sollten wir ihr/ihm doch mal sagen, wie toll sie/er das alles meis­tert. Und dass man trotz einer doppelten Rolle tolle Kinder hat. Denn genau das gibt uns Mamas und Papas (ob alleine oder nicht) eine ganze Menge Kraft.

Wir alle sollten uns öfter in die Lage unserer Mitmen­schen hinein­ver­setzen. Öfter Hilfe anbieten, anstatt negativ zu reden. Denn wir wollen uns doch alle in der Gesell­schaft wohl und akzep­tiert fühlen.

Ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass es voll­kommen in Ordnung ist, nicht immer alles unter Kontrolle zu haben und alleine zu leben. Dinge auch mal zu vergessen. Ich habe meinen Perfek­tio­nismus aufge­geben. Ich habe endlich damit aufge­hört, es allen recht machen zu wollen, denn das Einzige, was für mich zählt, ist, dass ich eine gute Mutter, Freundin, Chefin und Nach­barin bin.

Und am Ende eines jeden Tages ist es wichtig, dass wir uns selber nicht vergessen haben und ein guter Moment dabei war, der uns lächeln ließ.

Ramona Schulte
(Gemein­de­mit­glied aus Neuenkleusheim)

 

 

 

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