Eigentlich …
Eigentlich wäre ich jetzt in Australien bei meinem jüngsten Sohn und seiner Familie. Vier Wochen Aufenthalt waren vorgesehen. Lange hatte ich darauf hingearbeitet, geplant und organisiert, was nötig war.
Für meine Frau stand in dieser Zeit ein Kurzzeitpflegeplatz bereit, ich hatte den Flug gebucht und mit meinem Sohn und seiner Familie so einige Pläne geschmiedet. Wir wollten dort meinen Geburtstag feiern, den ersten Geburtstag unserer Enkeltochter, die im letzten Jahr dort geboren wurde, und unseres Enkels, der in wenigen Tagen vier Jahre alt wird. Darüber hinaus gab es natürlich etliche Ausflugsziele, die wir in der näheren und weiteren Umgebung im landschaftlich schönen Australien anstrebten.
Die derzeitige Pandemie machte nun all diese Pläne zunichte. Auszeit und Wiedersehensfreude passé. Und ich gebe ganz ehrlich zu, als der Tag meiner Abreise da war, habe ich einige Tränen verdrücken müssen.
Sie, liebe Leserinnen und Leser, Sie werden von Beispielen anderer Art erzählen können, Gegebenheiten, bei denen Sie sich haben sagen müssen, ja, eigentlich … Und die mögen viel weitreichender und tiefgreifender sein als das, was ich gerade erlebe.
Von Anspannungen und Überspannungen im beruflichen und familiären Alltag wird mancher erzählen können. Zerschlagene Pläne, Quarantäne, Verluste, Verletzungen und Enttäuschungen, die Sie ins Mark getroffen haben – mit möglicherweise noch weitreichenden Folgen.
Ja, eigentlich, dieses Wortspiel erlebt mancher von uns derzeit sicherlich als Verlusterfahrung. Und das darf auch so sein, weil es schmerzliche Realität ist. Dennoch bin ich sehr zuversichtlich, dass wir wieder besseren Zeiten entgegen sehen dürfen, auch wenn uns bei der so sicher geglaubten Alltagsnormalität die Augen auf eine Weise geöffnet wurden, wie es wohl kaum einer für möglich gehalten hat.
Vielleicht lernen wir dann auch wieder etwas mehr die Kostbarkeit so mancher Augenblicke, Stunden und Tage zu schätzen, die jedem von uns geschenkt sind. Einfach so. Und vielleicht entdecken wir dann auch wieder neu, was das eigentlich Wichtige in unserem Leben ist.
Josef Weil