Wache Augen, weites Herz!
Kürzlich bin ich mal wieder auf das nicht mehr ganz junge Pfadfinderlied „Flinke Hände, flinke Füße, wache Augen, weites Herz“ gestoßen und die eingängige Melodie schwang gleich mit. Im Refrain klingen Tugenden an, die schon immer wichtig waren, die aber in diesen Corona-Krisenerfahrungen besonders wertvoll sind: Wache Augen und ein weites Herz.
Aktuell kann man beides entdecken: Die wachen Augen im Blick auf die Mitmenschen, die Aufmerksamkeit darauf, was andere brauchen, in welcher Lage sie sind, wo Zurückhaltung angesagt ist oder aber wo irgendeine konkrete Unterstützung gefragt ist. Viele haben diese wachen Augen in Nachbarschaften, vielen Initiativen und Hilfsangeboten wie z.B. dem Ökumenischen Warenkorb weit geöffnet.
Und viele zeigen auch ein weites Herz: Gemeint ist wohl, wer versucht sich in die Lage anderer hineinzuversetzen, z.B. derjenigen, die in dieser Zeit um ihre berufliche Existenz bangen oder deren soziale Kontakte arg leiden oder gar den Bach runter gehen oder derjenigen, die einfach den psychischen Druck, wie es wohl weitergeht, nicht mehr aushalten können. Und auch hier sind viele emotional empfindsam und engagiert. Hoffentlich können diese Erfahrungen in zukünftige Zeiten mitgenommen werden.
Vor wenigen Monaten war Schwester Alice aus Südindien zu Gast in unserem Pastoralverbund. Sie hat aus ihrer Arbeit mit den Fischerfamilien und den Frauenprojekten erzählt. Mit finanzieller Hilfe der Olper Gemeinden und der Muggelkirmes konnte ein neues Dorfprojekt erfolgreich gestartet werden. Seit Wochen mussten diese Arbeiten aufgrund der weltweiten Corona Krise „eingefroren“ werden. Die Auswirkungen sind hart: Da fast alle Arbeiten außerhalb des Hauses eingestellt werden mussten, gibt es keine Einkommen; Versicherungen wie bei uns gibt es nicht. Bei nicht wenigen wird die Versorgung mit Essen knapp und mancher kann die Verpflichtung das Haus nicht verlassen zu dürfen nicht einhalten, da ein Haus oder eine Wohnung gar nicht vorhanden ist.
Wache Augen, weites Herz: In den Frauenprojekten von Schwester Alice werden aktuell kleine Lebensmittelpakete gepackt und an Bedürftige gegeben, solange es geht…
Dort sieht die Hilfe ähnlich aus wie beim Ökumenischen Warenkorb.
Misereor fordert in einem Diskussionspapier zur globalen Verantwortung in Zeiten der Corona Krise auf und knüpft an die angesprochenen Tugenden im Pfadfinderlied an. „Globale Krisen erfordern gemeinsame, globale Lösungen, die die Rechte und das Wohlergehen aller Menschen einschließen müssen. In dieser besonderen Zeit ist internationale Solidarität, Ausgleich und Kooperation gefragt.“
Der vollständige Refrain des Pfadfinderliedes lautet: „Flinke Hände, flinke Füße, wache Augen, weites Herz; Freundschaft die zusammenhält, so verändern wir die Welt“.
Als wäre das Lied für heute gemacht…
Hermann-Josef Günther, Olpe