Ein Jahr Olper Franziskanerin – und nun?
Ist die junge Schwester eigentlich noch da? Das werden meine Mitschwestern in den letzten Wochen häufiger gefragt. Ja, soviel kann ich jetzt schon verraten, ich bin noch da!
Heute vor einem Jahr, am 11. August 2020, bin ich eingekleidet worden, also jetzt exakt ein Jahr Olper Franziskanerin. Da hat das Noviziat begonnen, so heißen die ersten zwei Jahre im Werdegang einer Ordensschwester, in denen ich den weißen Schleier trage und noch keine Gelübde ablege. Das zweijährige Noviziat hat für mich mit dem sogenannten kanonischen Jahr begonnen. So wird ein Jahr des Noviziates bezeichnet, vom Kirchenrecht übrigens für alle Ordensgemeinschaften vorgeschrieben (daher kanonisch), in dem die Novizin nicht in ihrem angestammten Beruf arbeitet, das Einleben in der Gemeinschaft, sowie das persönliche Gebetsleben im Vordergrund stehen. Gleichzeitig ist dieses beruflich freie Jahr eine Möglichkeit, ganz neue und andere Erfahrungen zu sammeln in Berufs- und Tätigkeitsfeldern, in die die Novizin sonst nie hineinschnuppern würde.
Für mich hat das folgendes bedeutet: Ich durfte in den letzten Monaten 4 verschiedene Praktika absolvieren, alle in Arbeitsbereichen, in denen unsere Schwestern lange tätig waren oder sind. So konnte ich Erfahrungen im Mutter-Kind-Haus Aline, im Josefshaus, in der Küche des Mutterhauses, im Gerhardus Haus in Drolshagen und in der Obdachlosenseelsorge in Köln sammeln. Diese Praktika, die trotz Corona alle, je nach aktueller Lage, eingeschränkt möglich waren, waren für mich sehr bereichernd. Ohne das kanonische Jahr hätte ich vielleicht ehrenamtlich in eines dieser Tätigkeitsfelder hineinschnuppern können, aber so breit gefächerte Erfahrungen sammeln zu können in den Arbeitsbereichen meiner Mitschwestern, und auch mich selbst und meine Talente (und Grenzen ;)) nochmal anders kennen lernen zu dürfen, das hätte ich ohne kanonisches Jahr nie gehabt.
Neben den neuen Erfahrungen in den verschiedenen Praktikumsstellen lag der Fokus auf dem Leben in der Gemeinschaft. Das wurde durch die Corona-Einschränkungen und die Lockdowns, die in diese Zeit gefallen sind, nochmal unterstützt. Freunde und Familie habe ich, wie viele von Ihnen, nur übers Telefon und Internet gesehen und gehört und außerhalb meiner beruflichen Tätigkeiten waren auch wir die allermeiste Zeit daheim im Konvent. Ich denke, wir können vermutlich alle sagen, dass das keine einfache Zeit war und ich froh bin um meine und meiner Mitschwestern Gesundheit. Aber für das Einleben in die Gemeinschaft war es nicht schlecht, so zurückgeworfen zu sein auf mich selbst, meine Gottesbeziehung und meine Mitschwestern. Natürlich gab es in allen diesen Beziehungen im Laufe des letzten Jahres Höhen und Tiefen, aber ich antworte gern auf die Frage zu Beginn: Ja, ich bin noch da und ich bleibe. Ich bin von Herzen gern Olper Franziskanerin und bin gespannt, was das nächste Noviziatsjahr für mich bereithält.
Wo liegt für Sie in den kommenden Monaten der Fokus? Worauf wollen Sie ein besonderes Augenmerk legen?
Ab Herbst starte ich wieder in meinem ursprünglichen Beruf an der Universität in Bonn und werde in einem unserer Konvente im Rheinland leben. Der Fokus ändert sich, es wird viel um Balance gehen im nächsten Jahr. Zwischen Job, Gemeinschaft, Zeit mit Gott, Engagement und Freizeit. Und bei alledem bleibt natürlich die Herausforderung herauszufinden, was Olper Franziskanerin sein für mich, mitten im Alltag, bedeutet.
Sr. Jakoba Zöll