Gedanken zum Tag — 11. August 2021, Mitt­woch der 19. Woche im Jahreskreis

11. Aug. 2021

Ein Jahr Olper Fran­zis­ka­nerin – und nun?

Ist die junge Schwester eigent­lich noch da? Das werden meine Mitschwes­tern in den letzten Wochen häufiger gefragt. Ja, soviel kann ich jetzt schon verraten, ich bin noch da!

Heute vor einem Jahr, am 11. August 2020, bin ich einge­kleidet worden, also jetzt exakt ein Jahr Olper Fran­zis­ka­nerin. Da hat das Novi­ziat begonnen, so heißen die ersten zwei Jahre im Werde­gang einer Ordens­schwester, in denen ich den weißen Schleier trage und noch keine Gelübde ablege. Das zwei­jäh­rige Novi­ziat hat für mich mit dem soge­nannten kano­ni­schen Jahr begonnen. So wird ein Jahr des Novi­ziates bezeichnet, vom Kirchen­recht übri­gens für alle Ordens­ge­mein­schaften vorge­schrieben (daher kano­nisch), in dem die Novizin nicht in ihrem ange­stammten Beruf arbeitet, das Einleben in der Gemein­schaft, sowie das persön­liche Gebets­leben im Vorder­grund stehen. Gleich­zeitig ist dieses beruf­lich freie Jahr eine Möglich­keit, ganz neue und andere Erfah­rungen zu sammeln in Berufs- und Tätig­keits­fel­dern, in die die Novizin sonst nie hinein­schnup­pern würde.

Für mich hat das folgendes bedeutet: Ich durfte in den letzten Monaten 4 verschie­dene Prak­tika absol­vieren, alle in Arbeits­be­rei­chen, in denen unsere Schwes­tern lange tätig waren oder sind. So konnte ich Erfah­rungen im Mutter-Kind-Haus Aline, im Josefs­haus, in der Küche des Mutter­hauses, im Gerhardus Haus in Drol­s­hagen und in der Obdach­lo­sen­seel­sorge in Köln sammeln. Diese Prak­tika, die trotz Corona alle, je nach aktu­eller Lage, einge­schränkt möglich waren, waren für mich sehr berei­chernd. Ohne das kano­ni­sche Jahr hätte ich viel­leicht ehren­amt­lich in eines dieser Tätig­keits­felder hinein­schnup­pern können, aber so breit gefä­cherte Erfah­rungen sammeln zu können in den Arbeits­be­rei­chen meiner Mitschwes­tern, und auch mich selbst und meine Talente (und Grenzen ;)) nochmal anders kennen lernen zu dürfen, das hätte ich ohne kano­ni­sches Jahr nie gehabt.

Neben den neuen Erfah­rungen in den verschie­denen Prak­ti­kums­stellen lag der Fokus auf dem Leben in der Gemein­schaft. Das wurde durch die Corona-Einschrän­kungen und die Lock­downs, die in diese Zeit gefallen sind, nochmal unter­stützt. Freunde und Familie habe ich, wie viele von Ihnen, nur übers Telefon und Internet gesehen und gehört und außer­halb meiner beruf­li­chen Tätig­keiten waren auch wir die aller­meiste Zeit daheim im Konvent. Ich denke, wir können vermut­lich alle sagen, dass das keine einfache Zeit war und ich froh bin um meine und meiner Mitschwes­tern Gesund­heit. Aber für das Einleben in die Gemein­schaft war es nicht schlecht, so zurück­ge­worfen zu sein auf mich selbst, meine Gottes­be­zie­hung und meine Mitschwes­tern. Natür­lich gab es in allen diesen Bezie­hungen im Laufe des letzten Jahres Höhen und Tiefen, aber ich antworte gern auf die Frage zu Beginn: Ja, ich bin noch da und ich bleibe. Ich bin von Herzen gern Olper Fran­zis­ka­nerin und bin gespannt, was das nächste Novi­zi­ats­jahr für mich bereithält.

Wo liegt für Sie in den kommenden Monaten der Fokus? Worauf wollen Sie ein beson­deres Augen­merk legen?

Ab Herbst starte ich wieder in meinem ursprüng­li­chen Beruf an der Univer­sität in Bonn und werde in einem unserer Konvente im Rhein­land leben. Der Fokus ändert sich, es wird viel um Balance gehen im nächsten Jahr. Zwischen Job, Gemein­schaft, Zeit mit Gott, Enga­ge­ment und Frei­zeit. Und bei alledem bleibt natür­lich die Heraus­for­de­rung heraus­zu­finden, was Olper Fran­zis­ka­nerin sein für mich, mitten im Alltag, bedeutet.

Sr. Jakoba Zöll

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