Gedanken zum Tag – 15. April 2020, Mitt­woch in der Osteroktav

15. Apr. 2020

„Fluc­tuat nec mergitur“ – „Sie schwankt, aber geht nicht unter“. Liebe Lese­rinnen und Leser, so lautet der Wappen­spruch der fran­zö­si­schen Haupt­stadt Paris. Er geht wohl ursprüng­lich auf Handels­schiffer zurück, die auf der Seine unter­wegs waren.

Heute vor einem Jahr schwankte die Pariser Kathe­drale Notre-Dame in einer heftigen Feuers­brunst. Der Dach­stuhl brannte ab, der Vierungs­sturm stürzte ein. Die Frauen und Männer der Pariser Feuer­wehr konnten, unter Einsatz ihres eigenen Lebens, die völlige Kata­strophe, den kompletten Einsturz dieses welt­be­rühmten Gottes­hauses, im letzten Moment verhin­dern. Um die Welt gingen Bilder von Menschen, die fassungslos und erschüt­tert den Brand live in Paris mitver­folgten. Manche waren zu Tränen gerührt, andere beteten oder sangen Lieder. Welt­weit wurde bedauert, dass in Notre-Dame keine Oster­got­tes­dienste würden statt­finden können. Wer hätte ahnen können, dass ein Jahr später, überall auf der Welt, aus einem ganz anderen Grund, öffent­liche Oster­got­tes­dienste nicht statt­finden konnten.

Vieles ist in diesen Tagen ins Wanken geraten.

Im heutigen Tages­evan­ge­lium (Joh 20, 11–18) wankt Maria Magda­lena. Sie hält den Aufer­stan­denen für den Gärtner. Der Tod Jesu hat sie in ihrem Innersten erschüt­tert. Und nun ist auch noch der Leichnam Jesu verschwunden. Für Maria Magda­lena zerbricht ihre Sicht auf die Welt. In ihr zerbro­chenes Welt­bild hinein spricht der Aufer­stan­dene Maria Magda­lena direkt an, mit ihrem Namen. Er fordert sie nicht zum Glauben auf und er hält ihr auch keinen theo­lo­gi­schen Vortrag über die Aufer­ste­hung, sondern sagt ganz einfach zu ihr: „Maria!“ Der ganz persön­liche Oster­mo­ment der Maria Magda­lena. Diese Begeg­nung puzzelt ihr Leben nicht einfach wieder zusammen. Die Vergan­gen­heit kommt nicht einfach zurück. Auch Jesus ist nicht einfach wieder da. Viel­mehr begegnet er ihr als der Aufer­stan­dene. Neues Leben. Öster­li­ches Leben. Ein Neuan­fang ist gesetzt. Die öster­liche Begeg­nung mit dem Aufer­stan­denen ermög­licht auch Maria Magda­lena einen Neuan­fang. Sie spürt wieder festen Boden unter ihren Füßen. Sie muss nicht mehr wankend durchs Leben gehen. Sie ist zur Oster­ex­pertin geworden, die die Oster­bot­schaft weiter­geben kann.

In den letzten Tagen sind viele Menschen zu Oster­ex­per­tinnen und Oster­ex­perten geworden. Wir haben anders als gewohnt Ostern feiern müssen. Diese Realität hat uns heraus­ge­for­dert und sie fordert uns weiterhin. Sie hat dazu geführt, dass viele Menschen sich über­legt haben, wie sie die Kar- und Oster­tage im Fami­li­en­kreis nicht nur gemeinsam verbringen, sondern auch feiern können. Überall gab es Initia­tiven, um z.B. das Oster­licht zu verbreiten oder das neuge­weihte Tauf­wasser zu verteilen. Ostern 2020 war anders, aber nicht weniger intensiv.

Pace e bene & frohe Ostern
Michael Kammradt

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