Gedanken zum Tag – 14. Oktober 2020, Mitt­woch der 28. Woche im Jahreskreis

14. Okt. 2020

Liebe Lese­rinnen und Leser,

am 7. März 2020 habe ich gemeinsam mit den Firm­be­wer­be­rinnen und Firm­be­wer­bern aus Neuenkle­us­heim einen Jugend­got­tes­dienst zum Thema „Sehn­sucht“ gestaltet. Es war ein sehr schöner und tief­grün­diger Gottes­dienst, in dem die Jugend­li­chen ihre alltäg­li­chen Sehn­süchte vor Gott gebracht haben. Dass dies mein vorerst letzter Besuch einer Mess­feier war und mich gerade das gewählte Thema die nächsten Wochen und Monate intensiv beschäf­tigen wird, wusste ich zu diesem Zeit­punkt noch nicht.

Kurz nach diesem 7. März hatte das Coro­na­virus die ganze Welt im Griff und wirkte sich bekannt­lich auch auf das Leben in unserer Gemeinde aus.
Für mich gehört der regel­mä­ßige Besuch von Gottes­diensten eigent­lich zum gelebten Glauben dazu. Dass diese nun von heute auf morgen nicht mehr statt­finden durften, konnte ich mir „damals“ kaum vorstellen. In dieser gottes­dienst­losen Zeit haben meine Familie und ich jedoch ganz neue Glau­bens­er­fah­rungen gemacht.

So haben wir seit dem Oster­fest einen kleinen „Gebets­tisch“ in unserem Haus einge­richtet. Geschmückt mit einem Kreuz und Palm­zweigen, befindet sich dort u.a. ein Kalender mit Bibel­versen sowie eine Karte mit dem passenden Satz: „Gott hilft uns nicht immer am Elend vorbei, aber er hilft uns hindurch“ (Johann Albrecht Bengel). Mehr­mals täglich fällt mein Blick auf diesen kleinen Tisch und lädt mich zu einem kurzen Gebet ein bzw. schenkt mir in so manchen Momenten der Unsi­cher­heit („Wie geht es weiter? Was kommt noch auf uns zu? Wann wird das alles vorbei sein?“) Kraft und Hoffnung.

Außerdem „ertappte“ ich mich dabei, wie ich während des tägli­chen Spazier­gangs mit meinem Sohn nahezu jedes Mal einen kurzen Zwischen­stopp im Vorraum der Kirche machte, dort eine Kerze anzün­dete und für einen Moment zur Ruhe kam. So ist unser kleiner Kirchen­be­such zu einem fast alltäg­li­chen Ritual geworden, auf das wir uns nach wie vor beide freuen.

Auch die Mari­en­ka­pelle in der Beis­micke in Neuenkle­us­heim ist zu unserem neuen Kraftort geworden. Da die Kapelle nur einen kurzen Spazier­gang von unserem Haus entfernt ist, war sie schon immer ein wich­tiger Ort für uns. Aber in der Coro­na­zeit hat die „Beis­micke“ noch einmal an Bedeu­tung gewonnen. Anstatt am Sonn­tag­morgen die Heilige Messe zu feiern, machten wir oft einen Ausflug zur Mari­en­ka­pelle, um dort zu beten. Gerade die wunder­schöne Umge­bung, mitten im Wald, macht einen Besuch dort immer wieder zu etwas Beson­derem. Hier können wir Gott wirk­lich nah sein.

Das Zusam­men­ge­hö­rig­keits­ge­fühl – für mich ein wich­tiger Aspekt beim Feiern von Gottes­diensten – wurde durch die „Gedanken zum Tag“ wieder ein wenig zum Leben erweckt. Von Beginn an erfreute ich mich an den Gedanken, Impulsen, Erleb­nissen und Erfah­rungen der Mitglieder unseres Pasto­ral­ver­bundes. Durch diese zunächst tägli­chen, nun halb­wö­chent­li­chen Beiträge hat sich für mich trotz der räum­li­chen Distanz ein Gemein­schafts­ge­fühl einge­stellt: Zwar erlebt jeder diese krisen­hafte Zeit entspre­chend seiner persön­li­chen Situa­tion anders, aber im Grunde ergeht es auch allen gleich. Irgendwie ein gutes Gefühl.

Obwohl es nun glück­li­cher­weise wieder möglich ist, in der Kirche zum Gottes­dienst zusam­men­zu­kommen, habe ich mir doch meine neu entstan­denen „Glau­bens­ri­tuale“ und „Glau­ben­s­orte“ erhalten, da sie mir weiterhin viel Kraft in dieser nach wie vor außer­ge­wöhn­li­chen Zeit geben. Vor allem dann, wenn mich hin und wieder die Sehn­sucht packt. Jene Sehn­sucht, die ich mir „damals“, am 7. März, noch nicht vorstellen konnte…

  • nach der Welt, so wie sie vorher war,
  • nach Sicher­heit und Ordnung,
  • nach dem ganz normalen Alltag,

Kommen Sie mit Ihren eigenen, ganz persön­li­chen Glau­ben­s­orten und ‑ritualen gut durch die Zeit.

Herz­liche Grüße
Nadja Stahl

 

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