Was mich berührt hat und was mir fehlt…
Wir alle erinnern uns wahrscheinlich noch an den Beginn der Pandemie im Frühjahr des letzten Jahres. Es begann unwirklich und weit weg in China, dann kam das Virus auch nach Deutschland und vom 14. März an fanden wir uns alle im ersten Lockdown wieder.
Da wir einige Tage in Österreich verbracht hatten, bedeutete das für uns privat erst einmal Coronatest, Quarantäne und Familienzusammenführung nach Neuenkleusheim. Beruflich erfolgte der „Umzug“ ins Homeoffice, in Ehrenamt und Musikverein mussten erst einmal neue Wege gesucht werden.
Bis Mai hatte sich die Situation so weit verbessert, dass wir mit dem Musikverein wieder auf Abstand im Freien proben konnten. Den ersten gemeinsamen Choral nach drei Monaten Musikpause auf dem Neuenkleusheimer Schützenplatz werde ich wohl nicht mehr vergessen. Ein einfaches „Großer Gott, wir loben Dich“ lockte viele Neuenkleusheimer spontan auf den Balkon und der Beifall war im ganzen Dorf zu hören.
So konnten wir dann an Pfingsten, dem Kleusheimer Hochfest, die Pfingstmesse begleiten und dabei auch der verschobenen Erstkommunionfeier einen würdigen Rahmen geben. Dass mich das als Vater eines Kommunionkindes besonders angesprochen hat, dürfte jeder verstehen.
Es folgten weitere Schützenmessen in Lütringhausen, Iseringhausen und Neu-Listernohl sowie das Frühschoppenkonzert in der Brings-Arena auf dem Roten Stein.
Auch wenn das Virus uns ständig vor neue Herausforderungen gestellt hat, konnten wir doch immer wieder kleine musikalische Gesten einstreuen. Da war die Musik am Fenster über den Sommer und im Advent, da waren die kleinen musikalischen Grüße in Neuenkleusheim, Altenkleusheim und Lütringhausen rund um Weihnachten und Neujahr…
Was mich dabei am meisten berührt hat?
Die Dankbarkeit der Musiker, dass sie wieder gemeinsam musizieren durften, und noch mehr die Dankbarkeit der Zuhörer, endlich wieder handgemachte Musik zu hören, live und nicht aus dem Radio oder aus den unendlichen, aber auch beliebigen digitalen Quellen. Auch wenn bei diesen kleinen musikalischen Einlagen Musiker und Orchester nur einen Bruchteil ihrer wahren Möglichkeiten ausschöpfen können, wurde mir vielleicht gerade durch die Einfachheit und Reduziertheit der wahre Wert der Musik wieder viel bewusster. Musik soll die Menschen erfreuen, und diese Freude, gepaart mit einer großen Dankbarkeit, habe ich, wo immer Musiker im letzten Jahr live auftreten konnten, sehr deutlich spüren können.
Was mir fehlt?
Neben den schönen Erlebnissen mit und um die Musik, die ich trotz der Pandemie genießen konnte, wird mit jedem Tag, den die Einschränkungen andauern, das Bedürfnis nach echten, nicht virtuellen Begegnungen mit Freunden, Bekannten, Kollegen immer größer. Ich vermisse die Gemeinschaft, die Lockerheit und Ausgelassenheit echter Geselligkeit, einfach das Zusammenkommen mit Menschen, die mir außerhalb der Familie wichtig sind.
Mir ist klar, dass dieser Zustand noch eine Weile andauern wird. Der Impfstoff macht mir Hoffnung und ich bin überzeugt, dass wir als Gesellschaft diese Krise meistern werden. Die Pandemie zeigt mir aber auch jeden Tag, wie wertvoll echte Gemeinschaft und das Zusammenkommen mit Freunden ist. Dieses Bewusstsein möchte ich mir erhalten — auch für die Zeit nach der Pandemie.
Es grüßt Sie hoffnungsvoll
Ihr Dr. Michael Heite
Vorsitzender des Musikvereins Neuenkleusheim