Gedanken zum Tag — 12. September 2021, 24. Sonntag im Jahreskreis

12. Sep 2021

Im Juli wurden Teile von Deutsch­land, Öster­reich, Belgien und den Nieder­landen von Hoch­was­sern über­flutet. Kurze Zeit später wüteten in Südeu­ropa Wald­brände bei Tempe­ra­turen von deut­lich über 40 Grad. Hier zu viel Wasser, dort zu wenig. Solche Kata­stro­phen sind in den letzten Jahren immer häufiger und extremer geworden. Wie konnten wir es so weit kommen lassen?

Laut Schöp­fungs­ge­schichte hat Gott binnen sieben Tagen Licht und Fins­ternis, die Himmels­körper, die Erde und all ihre Pflanzen, Tiere, Vögel und Fische erschaffen. Schließ­lich erschuf Gott Adam und Eva und gab ihnen den Auftrag, sich zu vermehren, die Erde zu bevöl­kern und über seine Schöp­fung zu herr­schen. Der Mensch nimmt diesen Auftrag wahr, indem er die Natur für seine Zwecke benutzt — er fällt Bäume, staut Bäche und gräbt in der Erde.

Seit jeher versu­chen Christen aber auch zu verstehen, wie Gottes Schöp­fung funk­tio­niert. Zunächst symbo­lisch — die Sint­flut inter­pre­tierte man als Gottes Zorn über die Verfeh­lungen der Mensch­heit, ein bren­nender Dorn­busch soll Gott als Sprach­rohr zu Moses gedient haben. Spätes­tens ab dem 13. Jahr­hun­dert beginnt sich diese Sicht­weise zu verän­dern. Der Regen­bogen war nun nicht mehr nur ein Symbol der Hoff­nung, das Noah nach der Sint­flut geschickt wurde. Drei christ­liche Wissen­schaftler, Bacon, Gros­se­teste und von Frei­berg, entschlüs­selten wie ein Regen­bogen tatsäch­lich entsteht. Galilei, eben­falls Christ, fand heraus, dass nicht die Erde Mittel­punkt unseres Univer­sums ist. Auch Newton, Entde­cker der Gravi­ta­ti­ons­ge­setze, betrach­tete sich eher als Theo­loge, denn als Wissenschaftler.

Unsere moderne west­liche Wissen­schaft wurde folg­lich auf dem Nähr­boden christ­li­cher Theo­logie ausgesät. Je mehr wir über die Schöp­fung lernten, umso stärker konnten wir sie beein­flussen, glaubten wir, sie beherr­schen zu können. Dadurch erlangte der Mensch zuvor unvor­stell­bare Macht — mit ökolo­gi­schen Auswir­kungen, die außer Kontrolle geraten sind. Dieser histo­ri­schen Verant­wor­tung müssen wir uns nun stellen.

Mehr Wissen­schaft und Tech­no­logie allein werden uns nicht helfen, den Klima­wandel aufzu­halten, wenn wir unseren Umgang mit der Natur nicht über­denken. Einen wich­tigen Ansatz, wie man den Herr­schafts­auf­trag der Schöp­fungs­ge­schichte statt­dessen inter­pre­tieren könnte, liefert der Heilige Fran­ziskus von Assisi. Der Namens­pa­tron unserer ehema­ligen Schule trat immer wieder für ein Mitein­ander aller Geschöpfe ein — selbst den kleinsten Vogel ermu­tigte er dazu, Gott zu preisen, sogar im gefähr­lichsten Wolf erkannte er einen seiner “Brüder”. Seine revo­lu­tio­näre Botschaft: Ein jedes Lebe­wesen in Bedrängnis hat glei­ches Recht auf Schutz.

Fran­ziskus lebte Gottes Auftrag, indem er der Schöp­fung mit Ehrfurcht begeg­nete. Er versuchte, sie mit Demut zu gestalten und ihrer Erhal­tung zu dienen. Wir sollten uns ein Beispiel daran nehmen. Das bedeutet nicht, dass wir fortan mit Vögeln spre­chen oder mit Wölfen verhan­deln sollten, sondern ledig­lich, dass wir ihre Belange wieder ernster nehmen müssen: mehr Misch­wälder anstelle von Mono­kul­turen, mehr Natur­schutz­ge­biete statt verdich­teter Böden, mehr nach­hal­tige Ener­gie­träger als Ersatz für fossile Brenn­stoffe. Gesunde Nahrungs­mittel, idyl­li­sche Erho­lungs­ge­biete und saubere Luft sind ein Gewinn für uns alle.

Herz­liche Grüße

Katha­rina Hesse & Tim Reißner

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