Im Oktober hatte ich großes Glück, in meine „zweite Heimat“ nach Südafrika reisen zu können. Hier, mitten in Kapstadt, habe ich nach meinem Studium ein halbes Jahr gelebt und einige Freunde dazugewonnen. Besonders die Freundschaft zu meiner damaligen Kollegin Ulandi besteht nun schon seit mehr als 7 Jahren und ist unglaublich wertvoll.
Wie man so schön sagt, haben wir „über Gott und die Welt gesprochen“. Natürlich war auch die Pandemie immer wieder Thema, aber eben auch unser Glaube und wie er uns besonders im letzten Jahr begleitet hat. Interessant fand ich, als Ulandi erzählt hatte, wie ihre Familie ihren christlichen Glauben auslebt – denn ja: in Südafrika sind rund 80 % der Bevölkerung Christen.
Wegen der Pandemie konnten lange keine Gottesdienste in Südafrika stattfinden. Kurzum haben Ulandis Eltern kleine Andachten in ihrem Zuhause für wenige Menschen angeboten und ich fühlte mich geehrt, dazu einmal eingeladen zu werden. Es gibt keinen passenden Begriff, der beschreibt, wie man in Südafrika Gottesdienst feiert. Es ist auch kein Termin, den man sich für eine Stunde einträgt. Man weiß schließlich nie so recht, was einen erwartet und ob man nur für 30 Minuten teilnimmt oder es einen so sehr packt, dass daraus mehrere Stunden werden. Das liegt bei jedem selbst.
Ulandis Vater spricht also zu Beginn ein Gebet für die kleine Gemeinschaft. Wir sitzen mit 10 Personen im spartanisch eingerichteten, aber gemütlichen kleinen Wohnzimmer. Anschließend wird mit Trommeln, Schlagzeug, Gitarre und allem, was man so spielen kann, musiziert, gesungen und auch getanzt. Ein Zeichen der Freude über den Moment mit Gott. Es folgt ein besinnlicher Teil, in dem man in sich kehrt. Man zeigt Respekt und Ehrfurcht vor Gott und drückt Dankbarkeit für sein Dasein und seine Hilfe, uns durch die schweren aber auch durch gute Zeiten zu begleiten, aus. Dieser Moment ist sehr emotional und ergreifend. Besonders, weil wir uns anschließend zu unserem Glauben bekennen. Nicht mit einem „Standard-Glaubensbekenntnis“, wie wir es aus der Kirche kennen. Hier trägt jeder seine ganz persönlichen Erfahrungen vor, in welchen Situationen er Gott begegnet ist und was seinen eigenen Glauben stärkt. Dem einen ist ein persönliches kleines Wunder widerfahren und ermuntert alle, in den kleinen Dingen die guten Werke Gottes zu sehen. Die andere hat große Sorgen und ihr fällt es schwer, am Glauben festzuhalten. Die Gemeinschaft ist für sie da und betet für sie. Erst jetzt, sozusagen zum Abschluss, trägt der Pfarrer eine passende Passage aus der Bibel vor. Es hat einen Moment gedauert, bis er diese gefunden hat. Dafür passte sie genau zu dieser Stimmung in der Gemeinschaft. Das Evangelium des Tages? Nein, das war es nicht. Aber das hat er uns mit auf den Weg nach Hause gegeben. Vorher gab es allerdings noch ein gemeinsames Essen, jeder hat etwas mitgebracht. Und wenn jemandem noch ein Lied einfiel oder eine Stelle in der Bibel, die zur Stimmung und zum Gesprächsthema passte, so wurde der „Moment mit Gott“ einfach noch weiter ausgedehnt. Und auch wenn jeder jederzeit hätte gehen können, sind heute alle bis zum späten Schluss geblieben. Die Atmosphäre war einzigartig, schlicht und doch festlich.
Es ist übrigens seit den Lockdowns eine neue Tradition, dass Ulandis Eltern diese Art Gottesdienst mit dem Pfarrer einmal im Monat in ihrem Zuhause anbieten. Außerdem gibt es mittlerweile auch viele Open-Air-Angebote, wie ihr im Video sehen könnt.
Klarissa Hoffmann
(Mitglied im Pfarrgemeinderat Drolshagen-Iseringhausen)