Gedanken zum Tag — 12. Januar 2022 — Mitt­woch der 1. Woche im Jahreskreis

12. Jan. 2022

Im Oktober hatte ich großes Glück, in meine „zweite Heimat“ nach Südafrika reisen zu können. Hier, mitten in Kapstadt, habe ich nach meinem Studium ein halbes Jahr gelebt und einige Freunde dazu­ge­wonnen. Beson­ders die Freund­schaft zu meiner dama­ligen Kollegin Ulandi besteht nun schon seit mehr als 7 Jahren und ist unglaub­lich wertvoll.
Wie man so schön sagt, haben wir „über Gott und die Welt gespro­chen“. Natür­lich war auch die Pandemie immer wieder Thema, aber eben auch unser Glaube und wie er uns beson­ders im letzten Jahr begleitet hat. Inter­es­sant fand ich, als Ulandi erzählt hatte, wie ihre Familie ihren christ­li­chen Glauben auslebt – denn ja: in Südafrika sind rund 80 % der Bevöl­ke­rung Christen.

Wegen der Pandemie konnten lange keine Gottes­dienste in Südafrika statt­finden. Kurzum haben Ulandis Eltern kleine Andachten in ihrem Zuhause für wenige Menschen ange­boten und ich fühlte mich geehrt, dazu einmal einge­laden zu werden. Es gibt keinen passenden Begriff, der beschreibt, wie man in Südafrika Gottes­dienst feiert. Es ist auch kein Termin, den man sich für eine Stunde einträgt. Man weiß schließ­lich nie so recht, was einen erwartet und ob man nur für 30 Minuten teil­nimmt oder es einen so sehr packt, dass daraus mehrere Stunden werden. Das liegt bei jedem selbst.

Ulandis Vater spricht also zu Beginn ein Gebet für die kleine Gemein­schaft. Wir sitzen mit 10 Personen im spar­ta­nisch einge­rich­teten, aber gemüt­li­chen kleinen Wohn­zimmer. Anschlie­ßend wird mit Trom­meln, Schlag­zeug, Gitarre und allem, was man so spielen kann, musi­ziert, gesungen und auch getanzt. Ein Zeichen der Freude über den Moment mit Gott. Es folgt ein besinn­li­cher Teil, in dem man in sich kehrt. Man zeigt Respekt und Ehrfurcht vor Gott und drückt Dank­bar­keit für sein Dasein und seine Hilfe, uns durch die schweren aber auch durch gute Zeiten zu begleiten, aus. Dieser Moment ist sehr emotional und ergrei­fend. Beson­ders, weil wir uns anschlie­ßend zu unserem Glauben bekennen. Nicht mit einem „Stan­dard-Glau­bens­be­kenntnis“, wie wir es aus der Kirche kennen. Hier trägt jeder seine ganz persön­li­chen Erfah­rungen vor, in welchen Situa­tionen er Gott begegnet ist und was seinen eigenen Glauben stärkt. Dem einen ist ein persön­li­ches kleines Wunder wider­fahren und ermun­tert alle, in den kleinen Dingen die guten Werke Gottes zu sehen. Die andere hat große Sorgen und ihr fällt es schwer, am Glauben fest­zu­halten. Die Gemein­schaft ist für sie da und betet für sie. Erst jetzt, sozu­sagen zum Abschluss, trägt der Pfarrer eine passende Passage aus der Bibel vor. Es hat einen Moment gedauert, bis er diese gefunden hat. Dafür passte sie genau zu dieser Stim­mung in der Gemein­schaft. Das Evan­ge­lium des Tages? Nein, das war es nicht. Aber das hat er uns mit auf den Weg nach Hause gegeben. Vorher gab es aller­dings noch ein gemein­sames Essen, jeder hat etwas mitge­bracht. Und wenn jemandem noch ein Lied einfiel oder eine Stelle in der Bibel, die zur Stim­mung und zum Gesprächs­thema passte, so wurde der „Moment mit Gott“ einfach noch weiter ausge­dehnt. Und auch wenn jeder jeder­zeit hätte gehen können, sind heute alle bis zum späten Schluss geblieben. Die Atmo­sphäre war einzig­artig, schlicht und doch festlich.

Es ist übri­gens seit den Lock­downs eine neue Tradi­tion, dass Ulandis Eltern diese Art Gottes­dienst mit dem Pfarrer einmal im Monat in ihrem Zuhause anbieten. Außerdem gibt es mitt­ler­weile auch viele Open-Air-Ange­bote, wie ihr im   Video   sehen könnt.

Klarissa Hoff­mann
(Mitglied im Pfarr­ge­mein­derat Drolshagen-Iseringhausen)

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