Gedanken zum Tag – 09. Juni 2020, Dienstag der 10. Woche im Jahreskreis

9. Juni 2020

Wozu bist du da, Kirche in Olpe?

Da haben wir sie nun, die Pasto­ral­ver­ein­ba­rung. Im November 2019 verab­schiedet, um den Weg für eine Weiter­ent­wick­lung der Kirche in Olpe zu eröffnen. Und dann: Unser kirch­li­ches Leben wurde maximal redu­ziert und auf uns als Einzel­person (als Familie) mini­miert. Der persön­liche Glauben außer­halb des Kirch­raums wuchs an Bedeutung.

Für meine Familie und mich wurde das Coro­na­ge­läut zum festen Ritual, um zur Ruhe und mit Gott ins Gespräch zu kommen — nach einem anstren­genden Tag, mit vielen privaten und beruf­li­chen Sorgen, Unsi­cher­heiten und kräf­te­rau­benden Gesprä­chen. Aber auch nach vielen kraft­ge­benden Momenten in der Natur, in der Familie und im nahen Umfeld. Wenn ich durch den Alltag mal wieder durch tausend Aufgaben abge­lenkt war, kam von irgendwo ein Ruf: „Mama 19:30h! Kerze anma­chen!“ Ab und an kamen meine Kinder hinzu und wir tauschten uns aus. Spra­chen über „Gott und die Welt“. Was wir tun können, um gesund zu bleiben und niemanden anzu­ste­cken, falls wir den Virus haben und es gar nicht merken. Wie es Oma gerade im Alten­heim so ganz ohne Besuche geht. Und, ob Opa wohl ein beson­deres Auge gerade jetzt auf uns hat. Zwanglos und unbe­wusst waren wir gemeinsam mit Gott im Gespräch und das Coronageläut/Gebet wurde für uns ein fester Bestand­teil des gelebten Glau­bens in schwie­rigen Zeiten in unserer Familie.

Mit dem Wissen, dass zur glei­chen Zeit, an vielen Orten, viele Menschen gemeinsam beteten, bekam der Moment für mich noch eine zusätz­liche Qualität. Viele teilten in dieser Zeit das Bild der bren­nenden Kerze im „Status“ der Handys. Unser Glauben und unsere Gemein­schaft wurden über neue Wege zum Ausdruck gebracht. Ich empfand ein nicht greif­bares, aber neues kraft­ge­bendes Gefühl der Gemeinschaft.

Mit Beginn der Gottes­dienste wurde das Geläut und damit das Teilen der Status­an­zeigen einge­stellt. Warum eigent­lich? Das Wegbre­chen des Coro­na­ge­läuts muss doch nicht zwangs­läufig das Beenden des gemein­samen Gebets und der „Gott-und-die-Welt-Gespräche“ in der Familie sein. Dennoch holte uns der Alltag ein. Aber die Frage blieb für mich offen, warum eigent­lich nicht?

Wir werden dreimal tägli­chen durch das Glocken­ge­läut (Ange­lus­läuten) zum gemein­samen Gebet (Engel des Herrn) einge­laden. Das Coro­na­ge­läut hat mir die Augen für etwas geöffnet, das immer schon da war. Das Ange­lus­gebet ist nichts anderes als ein Gebets- und Gedächt­nis­läuten. Ein Inne­halten im Alltag, um zur Ruhe zu kommen, zu danken für das was wir haben und erleben. Wir werden erin­nert, Gott bewusst in unser Leben zu inte­grieren und berei­chert mit dem Wissen, dass wir in unseren aktu­ellen Sorgen und Nöten durch IHN getragen werden.

Was hat das Ganze jetzt mit der Pasto­ral­ver­ein­ba­rung zu tun?

Für mich zeigt es genau die Heraus­for­de­rung, die sich Kirche heute stellt. Ein neues Verstehen von Altbe­währten und die Annahme neuer Glau­bens­wege. Die Chance, starke Rituale (wie z.B. das Glocken­ge­läut), mit denen viele Gläu­bige unserer Gemeinden groß geworden sind, und die den Menschen tiefen Halt geben, den „Jüngeren“ in die heutige Zeit zu über­setzen und deren Bedeu­tung in neuen Kommu­ni­ka­tions- und Ausdruck­formen wieder lebendig werden zu lassen.

Ich bin gespannt, wie viel mir Corona noch über meinen Glauben und meine Kirche in Olpe zeigen wird. Die Ausgangs­frage der Pasto­ral­ver­ein­ba­rung „Wozu bist du da, Kirche in Olpe?“ bekommt plötz­lich ganz neue persön­liche Impulse….

Rebecca Köster
(Arbeits­gruppe Evangelisierung)
Zum Ange­lus­gebet: https://www.angelusgebet.de/angelusgebet/deutsch/

 

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