Liebe Leserinnen und Leser,
vor gerade einmal 3 Monaten konnte sich vermutlich niemand von uns vorstellen, welche Veränderungen in unserem Leben kurzfristig auf uns zukamen. Ab dem 16.03.2020 schlossen die Schulen. Händler, Gastronomen und Dienstleister mussten ab 23. März ihre Läden schließen. Ein Kontaktverbot wurde erlassen, Verwaltungsgebäude wurden geschlossen und in den Kirchen durften keine Gottesdienste mehr stattfinden. Plötzlich galten kaum für möglich gehaltene Einschränkungen. Manch einer fühlte sich wie in einem schlechten Film. Und doch zeigte uns ein Blick in das europäische Ausland, dass es uns noch relativ gut ging. Kein Vergleich mit der dramatischen Situation in Italien, Frankreich oder Spanien, doch auch hier sind Menschen verstorben.
Viele Menschen trifft die Situation bis heute wirtschaftlich hart. Viele machen sich ernsthafte und berechtigte Sorgen um ihre berufliche Existenz — trotz aller Hilfspakete und Unterstützungsprogramme. Viele Veranstaltungen wurden abgesagt, wir bleiben häufig zu Hause, treffen unsere Familien und Freunde nicht. An Feiern und Schützenfeste ist gar nicht zu denken, auch Hochzeiten können nur im ganz kleinen Kreis gefeiert werden finden. Vieles was für uns eine Selbstverständlichkeit war, findet nicht mehr statt. Die besondere Situation durch die Corona-Pandemie stellt uns vor große Herausforderungen.
Doch es gibt auch die andere Seite der Krise: Die Kontaktsperren und die Regeln zwingen die meisten von uns zu einem deutlich ruhigeren Leben. Das gibt jedem Gelegenheit darüber nachzudenken, was für ihn wirklich wichtig ist.
Und so gibt es auch die positiven Effekte dieser Ausnahmesituation. Die meisten Menschen nehmen mehr Rücksicht aufeinander. Um den anderen nicht zu gefährden wird selbstverständlich Abstand gehalten und auch die Solidarität untereinander nimmt anscheinend zu.
In unserer Stadt und im Kreis ist das ehrenamtliche Engagement schon immer groß gewesen. Jetzt habe ich den Eindruck, dass noch mehr Menschen überlegen, wie sie helfen können. Junge Menschen bieten Älteren an, für sie einkaufen zu gehen. Gesichtsschutz wird handgefertigt und gespendet. Musiker versuchen mit Konzerten vor Krankenhäusern und Seniorenheimen für ein wenig Abwechslung für die isolierten Bewohner zu sorgen. Berufe, die sonst weniger Beachtung finden, erfahren zu Recht große Anerkennung. Wir erkennen, dass wir für das sonst so Selbstverständliche dankbar sein sollten. Wir stellen fest, dass wir zuvor häufig auf hohem Niveau geklagt haben.
Ich wünsche mir, dass wir diese positiven Effekte in die Zeit nach der Pandemie mitnehmen: den Respekt vor dem Anderen, die Solidarität, die Hilfsbereitschaft und auch die Dankbarkeit für das, was wir gerne als selbstverständlich annehmen. Dann hätte am Ende diese Krisensituation auch etwas Gutes bewirkt.
Peter Weber