Gedanken zum Tag – 06. September 2020, 23. Sonntag im Jahreskreis

6. Sep. 2020

Liebe Lese­rinnen und Leser,

was hält und was trägt uns in schweren Zeiten des Lebens?

Im Rahmen meiner Arbeit als Refe­rentin beim Deut­schen Kinder­hos­piz­verein bin ich seit vielen Jahren in der Beglei­tung von Fami­lien mit lebens­ver­kür­zend erkrankten und gestor­benen Kindern immer wieder mit der Frage konfron­tiert, was Menschen in schweren Zeiten ihres Lebens hält und trägt. Während viele der Fami­lien Kraft aus ihrem Glauben schöpfen, hadern andere mit ihrem Gott, manchmal zerbricht der Glaube an der Frage nach dem „Warum“. Wieder andere Fami­lien haben keinen Gott, an den sie glauben, zu dem sie beten und auf den sie hoffen können. Gemeinsam ist vielen der Fami­lien die tragende Erfah­rung von Gemein­schaft. Der Begeg­nung mit Menschen, die sie begleiten, die auch da bleiben, wenn es ganz schwer wird, kommt eine tragende Rolle zu.

Vor vielen Jahren erzählte mir eine Mutter, deren Tochter im Alter von fünf Jahre starb, dass sie während der gesamten Trau­er­feier große Angst gehabt habe, am Ende aufstehen und bis zum Grab gehen zu müssen. Sie war sich sicher, dass sie sich nicht erheben könne und ihre Beine sie nicht tragen würden. Als sie jedoch aufstand, so sagte sie, sei es gewesen, als habe Gott sie getragen. Sie beschrieb dies als tiefe Erfah­rung von Gottes Nähe und erin­nerte sich an das Wort, dass man nicht tiefer fallen kann als in Gottes Hand. Genauso hatte sie es erlebt.

Immer wieder denke ich an die Erfah­rung dieser trau­ernden Mutter zurück. Was für ein Segen, wenn Gott in den schwersten Stunden des Lebens erfahrbar, spürbar wird. Und wenn ich mich selbst auch im Spüren von Gottes Nähe schwer tue, so fühle ich mich getragen von vielen beson­deren Menschen an meiner Seite, privat wie beruf­lich. Und viel­leicht zeigt Gott sich mir so.

„Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein“ (Gen 12,2), sagt Gott zu Abraham im ersten Buch Mose. Diesen Segen Gottes wünsche ich uns allen. Möget Ihr und mögen Sie die Erfah­rung machen, dass Gottes Nähe spürbar und erlebbar wird, insbe­son­dere dann, wenn es schwer wird. Dass Mut und Vertrauen wachsen, dass ein Aufbruch immer wieder möglich ist, so wie es auch die Abraham-Geschichte erzählt.

In dem Lied „Gott dein guter Segen“ heißt es:

„Gott, dein guter Segen ist wie ein großes Zelt,
hoch und weit, fest gespannt über unsre Welt.
Guter Gott, ich bitte dich:
Schütze und bewahre mich.

Lass mich unter deinem Segen
leben und ihn weitergeben.
Bleibe bei uns alle Zeit,
segne uns, segne uns, denn der Weg ist weit.
Segne uns, segne uns, denn der Weg ist weit.“
(Text: Rein­hard Bäcker)

Gerade in dieser beson­deren Zeit wünsche ich uns auch, dass wir Gottes Segen weiter­geben, selbst zum Segen für andere werden können und dass die Gemein­schaft trägt.

Herz­liche Grüße
Regina Wagner

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