Wie lange dauert eigentlich Weihnachten?
Kinder stellen doch die besten Fragen. Neulich fragte mich mein Sohn Johannes, wieso die heiligen drei Könige eigentlich erst am 06. Januar zur Krippe gekommen wären, so gemütlich wäre das doch da auch nicht gewesen. Er könne sich nicht vorstellen, dass das arme Jesuskind so lange bei Wasser und Stroh in der Einöde ausgehalten hätte. Das brachte mich ins Grübeln, denn spontan hatte ich dazu keine Antwort parat. Als Kind wäre ich im besten Fall zu Pastor Müller in seine tolle Bibliothek marschiert und er hätte mir direkt eine einzige Antwort darauf gegeben, allerdings egal, ob sie mir gepasst hätte oder nicht.
Ich finde es immer noch auch seelisch schwierig, einfache kindliche Lösungen durch erwachsenes Hinterfragen ändern zu müssen. Aber es ist unbedingt nötig und mein Junge hatte eine richtige Antwort verdient. Nur heutzutage bei Mr. Google und dem Markt der Möglichkeiten ist es sehr schwer und langwierig, eine Antwort auf strittige Fragen zu finden. In einer Zeit, in der sich viele auch ihren eigenen Glauben aus den verschiedensten Religionen selbst zusammenstellen, ist es noch schwieriger geworden. Eine umfassende Antwort aus einer längeren Recherche würde dieses Format aber sprengen. Ich versuche also kurz eine Antwort zu geben, wie ich sie auch meinem Sohn geben werde, der eh nie für lange Ausführungen ist:
Es ist völlig egal, wann die drei Könige das Jesuskind in der Krippe besucht haben, weil sowohl der 6. Januar als auch der 25. Dezember uralte Festtage aus heidnischen Zeiten waren, deren Feierkult einen festen Platz im Lebenslauf und in den Herzen der Menschen hatten. Ich finde es genial von den frühen Christen, diesen Feiertagen nicht das christliche Fest entgegenzustellen, sondern sie einfach zu christianisieren.
Die einfache Antwort an meinen Sohn lautet also: Man weiß nicht genau, wie lange das geborene Jesuskind auf die drei heiligen Könige warten musste, aber es musste dafür auf keinen Fall zwölf Tage in der Krippe frieren. Die heiligen drei Könige haben das Jesuskind irgendwann nach der Geburt und irgendwo in Bethlehem gefunden. Die Zahl “12” wird eh sehr gerne als heilige Zahl in der Bibel verwendet, so dass hierbei kein mathematisches Denken gelten muss. Weihnachten wurde zuerst am selben Tag wie Pessach, also am 25. März oder auch am 06. Januar gefeiert. Im Römischen Reich galt der 06. Januar dabei als der Beginn einer Zeitenwende, die von der Geburt eines göttlichen Kaisers erwartet wurde. Da die drei heiligen Könige dafür stehen, dass sie das Jesuskind als König und Erlöser benannten (Epiphanie=Erscheinung des Herrn), verbindet sich mit Weihnachten der Beginn einer neuen Ära.
Während die Ostkirche so das christliche Epiphaniasfest schon ab dem 2. Jahrhundert anstelle des alten Kaiserkultes feierte, erkannte die Westkirche dieses Dreikönigsfest wohl erst ab dem 4. Jahrhundert nach Einführung ihres Weihnachtsfestes am 25. Dezember, dem heidnischen Festtag des unsterblichen Sonnengottes an.
Damit sind die Festtage also kultisch und nicht historisch bedingt festgelegt worden. Und überdies wird das Ende der Weihnachtszeit mit dem 06. Januar oder dem Sonntag nach dem 06. Januar oder dem 02. Februar = Mariä Lichtmess oder dem von der KJG festgelegten Tag der Tannenbaumaktion sehr unterschiedlich gesehen. Was wäre aber noch eine menschliche und nicht wissenschaftliche Antwort an meinen Sohn?
Wenn wir Menschen ganz besondere Feste haben, sollen sie menschlich eigentlich nie enden! Wir hätten gerne, dass sie ewig weitergehen und diese Stimmung anhält.
Deshalb ist es uns dann mit einem Festtag nicht genug. Für uns Christen sind Ostern und Weihnachten diese beiden besonderen Feste. Deshalb sprechen wir auch von einem Weihnachtsfestkreis (Advent und Weihnachten), an den sich ein Osterfestkreis anschließt. Deshalb ist es doch toll, dass es ganze zwölf Tage dauert, bis wir vom ersten Höhepunkt des Weihnachtsfestes wieder einen Höhepunkt in der Weihnachtszeit mit dem Dreikönigsfest haben, der Weihnachten wieder mit einem anderen Aspekt erleuchtet. Und so haben wir Christen neben dem Weihnachts- und dem Osterfestkreis doch auch noch sehr viele schöne Feiertage über das ganze Jahr hinweg, die uns Ruhe- und Überlegungspunkte für unsere Seele geben. Wichtig ist nur, dass wir auch den Sinn dieser jeweiligen Feiertage erkennen und mit diesen Oasen zum Auftanken unseren Alltag im besten Sinne fröhlich und real gestalten.
So sollte der “Geist der Weihnacht” uns das ganze Jahr erhellen und uns zu frohen und liebenswerten Menschen machen!
Jürgen Latzel
(Gemeindeausschuss Heilig Geist)