Gedanken zum Tag — 04. Januar 2023

4. Jan. 2023

Wie lange dauert eigent­lich Weihnachten?

Kinder stellen doch die besten Fragen. Neulich fragte mich mein Sohn Johannes, wieso die heiligen drei Könige eigent­lich erst am 06. Januar zur Krippe gekommen wären, so gemüt­lich wäre das doch da auch nicht gewesen. Er könne sich nicht vorstellen, dass das arme Jesus­kind so lange bei Wasser und Stroh in der Einöde ausge­halten hätte. Das brachte mich ins Grübeln, denn spontan hatte ich dazu keine Antwort parat. Als Kind wäre ich im besten Fall zu Pastor Müller in seine tolle Biblio­thek marschiert und er hätte mir direkt eine einzige Antwort darauf gegeben, aller­dings egal, ob sie mir gepasst hätte oder nicht.

Ich finde es immer noch auch seelisch schwierig, einfache kind­liche Lösungen durch erwach­senes Hinter­fragen ändern zu müssen. Aber es ist unbe­dingt nötig und mein Junge hatte eine rich­tige Antwort verdient. Nur heut­zu­tage bei Mr. Google und dem Markt der Möglich­keiten ist es sehr schwer und lang­wierig, eine Antwort auf strit­tige Fragen zu finden. In einer Zeit, in der sich viele auch ihren eigenen Glauben aus den verschie­densten Reli­gionen selbst zusam­men­stellen, ist es noch schwie­riger geworden. Eine umfas­sende Antwort aus einer längeren Recherche würde dieses Format aber sprengen. Ich versuche also kurz eine Antwort zu geben, wie ich sie auch meinem Sohn geben werde, der eh nie für lange Ausfüh­rungen ist:

Es ist völlig egal, wann die drei Könige das Jesus­kind in der Krippe besucht haben, weil sowohl der 6. Januar als auch der 25. Dezember uralte Fest­tage aus heid­ni­schen Zeiten waren, deren Feier­kult einen festen Platz im Lebens­lauf und in den Herzen der Menschen hatten. Ich finde es genial von den frühen Christen, diesen Feier­tagen nicht das christ­liche Fest entge­gen­zu­stellen, sondern sie einfach zu christianisieren.

Die einfache Antwort an meinen Sohn lautet also: Man weiß nicht genau, wie lange das gebo­rene Jesus­kind auf die drei heiligen Könige warten musste, aber es musste dafür auf keinen Fall zwölf Tage in der Krippe frieren. Die heiligen drei Könige haben das Jesus­kind irgend­wann nach der Geburt und irgendwo in Beth­lehem gefunden. Die Zahl “12” wird eh sehr gerne als heilige Zahl in der Bibel verwendet, so dass hierbei kein mathe­ma­ti­sches Denken gelten muss. Weih­nachten wurde zuerst am selben Tag wie Pessach, also am 25. März oder auch am 06. Januar gefeiert. Im Römi­schen Reich galt der 06. Januar dabei als der Beginn einer Zeiten­wende, die von der Geburt eines gött­li­chen Kaisers erwartet wurde. Da die drei heiligen Könige dafür stehen, dass sie das Jesus­kind als König und Erlöser benannten (Epiphanie=Erscheinung des Herrn), verbindet sich mit Weih­nachten der Beginn einer neuen Ära.

Während die Ostkirche so das christ­liche Epipha­ni­as­fest schon ab dem 2. Jahr­hun­dert anstelle des alten Kaiser­kultes feierte, erkannte die West­kirche dieses Drei­kö­nigs­fest wohl erst ab dem 4. Jahr­hun­dert nach Einfüh­rung ihres Weih­nachts­festes am 25. Dezember, dem heid­ni­schen Festtag des unsterb­li­chen Sonnen­gottes an.

Damit sind die Fest­tage also kultisch und nicht histo­risch bedingt fest­ge­legt worden. Und über­dies wird das Ende der Weih­nachts­zeit mit dem 06. Januar oder dem Sonntag nach dem 06. Januar oder dem 02. Februar = Mariä Licht­mess oder dem von der KJG fest­ge­legten Tag der Tannen­baum­ak­tion sehr unter­schied­lich gesehen. Was wäre aber noch eine mensch­liche und nicht wissen­schaft­liche Antwort an meinen Sohn?

Wenn wir Menschen ganz beson­dere Feste haben, sollen sie mensch­lich eigent­lich nie enden! Wir hätten gerne, dass sie ewig weiter­gehen und diese Stim­mung anhält.

Deshalb ist es uns dann mit einem Festtag nicht genug. Für uns Christen sind Ostern und Weih­nachten diese beiden beson­deren Feste. Deshalb spre­chen wir auch von einem Weih­nachts­fest­kreis (Advent und Weih­nachten), an den sich ein Oster­fest­kreis anschließt. Deshalb ist es doch toll, dass es ganze zwölf Tage dauert, bis wir vom ersten Höhe­punkt des Weih­nachts­festes wieder einen Höhe­punkt in der Weih­nachts­zeit mit dem Drei­kö­nigs­fest haben, der Weih­nachten wieder mit einem anderen Aspekt erleuchtet. Und so haben wir Christen neben dem Weih­nachts- und dem Oster­fest­kreis doch auch noch sehr viele schöne Feier­tage über das ganze Jahr hinweg, die uns Ruhe- und Über­le­gungs­punkte für unsere Seele geben. Wichtig ist nur, dass wir auch den Sinn dieser jewei­ligen Feier­tage erkennen und mit diesen Oasen zum Auftanken unseren Alltag im besten Sinne fröh­lich und real gestalten.

So sollte der “Geist der Weih­nacht” uns das ganze Jahr erhellen und uns zu frohen und liebens­werten Menschen machen!

Jürgen Latzel
(Gemein­de­aus­schuss Heilig Geist)

 

Leser interessierten sich auch für:

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner