Gedanken zum Tag — 03. April 2022 — Fünfter Sonntag der Fastenzeit

3. Apr. 2022

MISEREOR Sonntag – Aushalten — ES GEHT! GERECHT.
Zutref­fender auf unsere derzei­tige Situa­tion könnte ein Bild kaum sein als das aktu­elle Hunger­tuch von MISEREOR, das seit Beginn der Fasten­zeit in vielen Kirchen hängt. Darin spie­gelt sich das unend­liche Leid der vielen an Körper und Seele verletzten Menschen in der Ukraine, aber auch der Geflüch­teten, der vielen ums Über­leben kämp­fender Menschen im globalen Süden und auch derje­nigen, die schon heute unter der Klima­krise, die für viele schon jetzt eine Kata­strophe ist, wider. Wo kann man da noch Hoff­nungs­volles finden, wenigs­tens einen Schimmer? Viel­leicht auf dem Hungertuch-Bild:

Es war im Oktober 2019 — also gefühlt vorges­tern, kurz vor Beginn der Corona Pandemie. Auf dem Platz der Würde haben sich in Chiles Haupt­stadt Sant­iago und in vielen weiteren Städten tausende, meist junge Menschen versam­melt. Sie protes­tieren gegen ihre schlechten Bildungs­chancen und gegen die krassen wirt­schaft­li­chen und sozialen Ungleich­heiten. Ihre Geduld ist am Ende, sie sind außer sich. Die Proteste eska­lieren, viele Menschen werden brutal verletzt, nachdem die Polizei einge­griffen hat.
Einer dieser verletzten Menschen begegnet uns auf dem Hunger­tuch. Er wurde schwer verletzt. Sein Fuß ist kompli­ziert gebro­chen. Er hat komplett seinen Halt verloren. Die Künst­lerin Lilian Moreno Sanchez, die 1986 in Chile geboren wurde, erin­nert an diesen Menschen. Sie hat das Rönt­gen­bild des gebro­chenen Fußes nach­ge­zeichnet, gemalt auf Klinik­bett­wä­sche mit grauen Flecken und Stra­ßen­staub, mitten hinein gestellt in das drei­ge­teilte Hunger­tuch­bild. Dieser Fuß mit seinen sicht­baren Verlet­zungen steht stell­ver­tre­tend für alle Orte und Anlässe, an denen Menschen gebro­chen und verletzt werden.
Einen Hoff­nungs­schimmer gibt es doch auf dem Bild: Zusam­men­ge­flicktes, genäht mit goldenen Fäden, viel­leicht um Hoff­nung zu ermög­li­chen; goldene Blumen — Zeichen von Hoff­nung viel­leicht, vielleicht …
An diesem 5. Fasten­sonntag findet der MISEREOR Sonntag statt. Dabei wird für die vielen Projekte der MISEREOR Partner gesam­melt, die in ihrem jewei­ligen Lebens­raum im globalen Süden mehr Gerech­tig­keit umsetzen wollen. Gerade jetzt, wo wir die eigene Verletz­lich­keit und Bedro­hung so dicht und hautnah spüren, gilt es die Hoff­nungs­fäden zu suchen, die etwas zusam­men­fli­cken können.
Das Hunger­tuch Motiv bringt die augen­blick­liche Gefühls­lage auf den Punkt. Das Verletz­liche und Gebro­chene domi­niert, aber es gibt auch die Ansätze zum Heilen und Verbinden. Viel­leicht geht es derzeit vielen so, dass man diese Situa­tionen, an denen man verzwei­feln kann, nur irgendwie versu­chen kann auszu­halten — und hoffen lernt, dass die dünnen Hoff­nungs­fäden halten.
Das Hunger­tuch, übri­gens erst­mals gemeinsam von MISEREOR und BROT FÜR DIE WELT ökume­nisch verwendet, soll die Fasten­ak­tion unter dem Motto „Es geht! Gerecht“ unter­stützen. Ange­sichts der vielen globalen und nahen Heraus­for­de­rungen geht es nur mit mehr Gerechtigkeit.

Hermann-Josef Günther
(Gemein­de­mit­glied St. Marien)

 

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