Liebe Schwestern und Brüder,
am Donnerstag dieser Woche wäre es eigentlich wieder soweit und eine Fußpilgergruppe würde sich von Olpe aus auf den Weg zur Mutter Gottes nach Werl machen. Es wäre das 260igste mal, jedoch fällt auch diese Veranstaltung anlässlich der Corona-Pandemie aus und darf nicht stattfinden.
Dennoch hat sich eine sehr kleine Gruppe von Pilgern gefunden, die diesen Weg stellvertretend für alle Olper Pilger auf sich nehmen wollen, und ich halte das für eine sehr schöne Idee.
In der Folge möchte ich Sie, liebe Schwestern und Brüder, einmal mitnehmen auf diese Pilgerschaft, so dass Sie ein wenig von dem Geist einer Wallfahrt erspüren können. Vielleicht spricht es Sie ja so an, dass Sie es im kommenden Jahr auch einmal versuchen wollen.
Die Fußwallfahrt erstreckt sich über insgesamt drei Tagesetappen und an jedem Morgen bei unserer ersten Rast wird ein Tagesimpuls ausgegeben, der die Pilger zum Nachdenken anregen soll, der sie inspirieren soll, der ihr Herz und ihre Seele öffnen soll für Gott.
Dabei steht der erste Tag unter dem Motto: „Berufung der 12 Apostel“
Die erste Frage, die sich mir dabei spontan stellt: Was ist da überhaupt genau vorgefallen, wie konnte das funktionieren?
Sowohl der Evangelist Matthäus als auch Johannes haben aufgeschrieben, was geschehen ist.
„Jesus geht auf einen Berg und betet.“
Jesus betet lange, sehr lange. Er sucht die Einsamkeit und Stille. Im Gebet gibt er sich ganz Gott hin. Aus seinen Gebeten heraus entsteht der Gedanke, dass er Helfer benötigt und vor allem geeignete Nachfolger, um die frohe Botschaft in die Welt zu tragen.
Aus dem Gebet heraus beschließt er, zwölf Jünger, die er Apostel (das heißt: Gesandte) nennen wird, zu seiner Nachfolge zu berufen.
Zu diesem Zeitpunkt hat Jesus schon sehr viele Anhänger und Sympathisanten, aber für die Zwölf hat er besondere Kriterien vorgesehen.
So sollen sie z.B. nicht sein wie Politiker, sie sollen nicht zu denen gehören, die immer die „richtigen Leute“ kennen, sie müssen nicht zwingend aus einem „guten Haus“ und aus angesehenen Familien stammen. Es ist nicht erforderlich, dass sie nach damaligen Vorstellungen schulisch elitär gebildet sein müssen.
So kommt es, dass seine Apostel eher zum Kreis der „grauen Mäuse“ gehören. Die meisten verfügen über keine in unserem Sinne vernünftige Schulausbildung, und aus reichem und begütertem Hause kommen sie auch nicht. Das gute Elternhaus ist eher als gut bürgerlich anzusehen, aber was die zwölf Jünger Jesu alle eint, ist die Tatsache, dass sie bereit waren, sprichwörtlich alles stehen und liegen zu lassen, um Jesus zu folgen.
Die Zwölf bilden also zweifelsfrei den harten Kern und Jesus beginnt, nach heutigen Maßstäben, sie auszubilden.
In der kommenden Schweigestunde können wir uns einmal fragen:
Hast Du schon einmal das Gefühl gehabt, dass Jesus Dich als seinen Jünger/ seine Jüngerin haben möchte?
Welche Aufgaben, denkst Du, hat er für Dich vorgesehen?
Musst Du dafür, wie die Zwölf, alles liegen und stehen lassen?
Die Schweigestunde dient dazu, in der Stille des Gebetes zu entdecken, ob Gott mich auch, vielleicht unbemerkt, gerufen hat, ihm zu folgen und seine Botschaft zu verkünden.
Georg Scheiwe