Das Lorenz-Jaeger-Haus soll in Gemein­de­zen­trum St. Martinus und OT Olpe umbe­nannt werden

26. Okt. 2023

Sexu­eller Miss­brauch in der römisch-katho­li­schen Kirche Deutsch­lands wurde zu Beginn des Jahres 2010 ein Thema von breitem öffent­li­chem Inter­esse. Ein Zeitungs­be­richt zu Miss­brauchs­fällen am Cani­sius-Kolleg in Berlin löste eine Welle der Bericht­erstat­tung aus, durch die immer mehr Fälle des sexu­ellen Miss­brauchs in der römisch-katho­li­schen Kirche in Deutsch­land bekannt wurden.

Unter dem Druck anhal­tender Kritik reagierte die römisch-katho­li­sche Kirche in Deutsch­land, insbe­son­dere die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz seit dem Krisen­jahr 2010 mit zahl­rei­chen Maßnahmen zur Aufar­bei­tung und Präven­tion. Dazu zählen unter anderem aufklä­rende Gutachten, Miss­brauchs- und Präven­ti­ons­be­auf­tragte in den Bistü­mern, die mehr­fache Weiter­ent­wick­lung der kirch­li­chen Leit­li­nien zum sexu­ellen Miss­brauch bis zur aktu­ellen Miss­brauchs­ord­nung und Zahlungen an Miss­brauchs­opfer. Die von der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz in Auftrag gege­bene, im Jahr 2018 veröf­fent­lichte MHG-Studie ermit­telte erst­mals detail­lierte Daten für ganz Deutsch­land und gab den Anstoß für den Synodalen Weg.

Seit einiger Zeit befassen sich auch die katho­li­schen Kirchen­ge­meinden des Pasto­ralen Raumes Olpe-Drol­s­hagen mit dem Thema Miss­brauch. Dabei wurde und wird immer wieder über die Frage gespro­chen, wie Kinder und Jugend­liche in den Kirchen­ge­meinden vor Miss­brauch geschützt werden können. Dazu gibt es mitt­ler­weile Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tungen, Fort­bil­dungs­an­ge­bote und eigens entwi­ckelte Schutz­kon­zepte in Teil­be­rei­chen des Pasto­ralen Raumes.

Unter anderem ist die Pfarr­ge­meinde St. Martinus Trägerin des Lorenz-Jaeger-Hauses / OT Olpe. Kinder, Jugend­liche und junge Erwach­sene sind dort einge­laden, die verschie­denen Ange­bote der Offenen Tür zu nutzen. In demselben Haus befinden sich ebenso Pfarr­räume für die Arbeit der Kirchengemeinde.

Inzwi­schen sind bei Unter­su­chungen auf Diöze­sa­ne­bene infolge einer Studie der Univer­sität Pader­born („Miss­brauch im Erzbistum Pader­born – Eine kirchen­his­to­ri­sche Einord­nung. Die Amts­zeiten von Lorenz Jaeger und Johannes Joachim Degen­hardt (1941–2002)“) schwere Vorwürfe gegen die genannten Erzbi­schöfe erhoben worden. Das hat die Zwischen­bi­lanz eines Unter­su­chungs­be­richts ergeben. Darin stellen die Forsche­rinnen Chris­tine Hartig und Nicole Prie­sching ein gravie­rendes persön­li­ches Fehl­ver­halten der Kardi­näle Lorenz Jaeger und Johannes Joachim Degen­hardt fest, wenn es gleich­wohl auch syste­mi­sche Ursa­chen für den Miss­brauch in Kirche und Gesell­schaft gab und gibt. Die Histo­ri­ke­rinnen der Univer­sität Pader­born über­prüfen derzeit in einer mehr­jäh­rigen Studie Fälle sexu­ellen Missbrauchs.

Nach inten­siven Bera­tungen in Gesamt­pfarr­ge­mein­derat Olpe und Kirchen­vor­stand St. Martinus haben nun beide Gremien Stel­lung bezogen, insbe­son­dere zu der Frage, wie weiterhin mit der Namens­ge­bung der OT Olpe und der Gemein­de­räume St. Martinus umge­gangen werden soll, die unter dem Patronat bzw. der ‚Schirm­herr­schaft‘ Kardinal Lorenz Jaegers stehen. Lorenz Jaeger war in seiner Kind­heit Bürger von Olpe und blieb zeit seines Lebens mit der Stadt verbunden, von der er auch die Ehren­bür­ger­schaft erhielt.

Ergebnis der Bera­tungen des Kirchen­vor­stands St. Martinus und des Gesamt­pfarr­ge­mein­de­rats Olpe:

Das Lorenz-Jaeger-Haus soll in Gemein­de­zen­trum St. Martinus und OT Olpe umbe­nannt werden

Der Gesamt­pfarr­ge­mein­derat Olpe und der Kirchen­vor­stand St. Martinus haben nach inten­siven Bera­tungen einhellig entschieden, das Lorenz-Jaeger-Haus umzu­be­nennen. Das geschieht aufgrund der Teil­ergeb­nisse einer zurzeit laufenden Studie der Univer­sität Pader­born zum Verhalten von Kardinal Lorenz Jaeger (1892–1975) während seiner Amts­zeit als Erzbi­schof. Im Umgang mit Tätern und Opfern sexu­ellen Miss­brauchs ist ihm gravie­rendes persön­li­ches Fehl­ver­halten nach­ge­wiesen worden.

Die Kirchen­ge­meinden des PR Olpe-Drol­s­hagen voll­ziehen somit einen Perspek­tiv­wechsel. Sie sind sich darüber im Klaren, dass durch die Namens­än­de­rung der Miss­brauch an Minder­jäh­rigen und Schutz­be­foh­lenen nicht rück­gängig gemacht werden kann. Leider sind die Opfer von Miss­brauch in der Vergan­gen­heit nicht umfas­send wahr­ge­nommen worden. Statt­dessen wurden die Täter viel­fach geschützt, um das Ansehen der Insti­tu­tion Kirche zu wahren.

Nach Auffas­sung der Gremi­en­ver­treter von Pfarr­ge­mein­derat und Kirchen­vor­stand ist es nicht ange­messen, dass ein Haus, in dem Jugend­ar­beit statt­findet, den Namen einer Person trägt, die sich im Umgang mit Miss­brauchs­tä­tern und deren Opfern falsch verhalten hat. Natür­lich gab es in der Vergan­gen­heit auch syste­mi­sche Ursa­chen des Mißbrauchs. Die Versäum­nisse einzelner Bischöfe sind einzu­betten in eine „Kultur“ des Wegschauens und Verdrän­gens einer ganzen Gesell­schaft. Das entbindet jedoch nicht Menschen in Leitungs- und Führungs­po­si­tionen, wie zum Beispiel Kardinal Lorenz Jaeger, von ihrer persön­li­chen Verant­wor­tung. Für Miss­brauchs­opfer ist der bishe­rige Name des Gebäudes nach­voll­ziehbar eine blei­bende Provokation.

Vieler­orts ist in den letzten Jahren infolge histo­ri­scher Aufar­bei­tung sexu­ellen Miss­brauchs eine neue Beschei­den­heit im kirch­li­chen Bereich aufge­kommen, die einen sorg­fäl­tigen Umgang bei der Benen­nung von Gebäuden, Räumen und Denk­mä­lern mit Namen öffent­li­cher Personen nahelegt.

Unter­dessen aner­kennen die Vertreter von Pfarr­ge­mein­derat und Kirchen­vor­stand in Olpe, dass es gene­rell schwer ist, post­humen über einen Menschen zu urteilen, der nicht mehr Rede und Antwort stehen kann. Das letzte Urteil über eine Person steht aus christ­li­cher Sicht allein Gott zu. Unter diesem Blick­winkel sieht die Kirchen­ge­meinde nach wie vor die große Lebens­leis­tung von Kardinal Lorenz Jaeger. Deshalb soll im neu benannten Gemein­de­zen­trum St. Martinus bzw. in der OT Olpe eine Schau­tafel an Lorenz Jaeger erin­nern, die seine Biografie darstellt, sein Lebens­werk würdigt und erklärt, wie die Gemeinde zur Umbe­nen­nung des Gebäudes gekommen ist.

Diese Tafel soll in Rück­sprache mit der Betrof­fe­nen­ver­tre­tung des Erzbis­tums Pader­born erstellt werden. Damit verbunden werden das Konzept der OT als Teil der pasto­ralen Enga­ge­ments der Kirchen­ge­meinden über­ar­beitet und die Haus­lei­tung und die Nutzer des Gebäudes gebeten, mögliche Rück­mel­dungen zur verän­derten Namens­ge­bung zu geben.

Der Gesamt­pfarr­ge­mein­derat Olpe und der Kirchen­vor­stand St. Martinus erhoffen sich mit ihrer Entschei­dung einen offenen Dialog über die Gescheh­nisse der Vergan­gen­heit und deren Aufar­bei­tung zu beför­dern, der für die schwie­rige Thematik des Miss­brauchs von Menschen sensi­bi­li­siert. Ziel kann dabei nur sein, Miss­brauch in Kirche und Gesell­schaft zu ächten und alle Möglich­keiten der Präven­tion auszu­schöpfen. Gleich­zeitig brau­chen Opfer von Miss­brauch posi­tive Beglei­tung und Unter­stüt­zung, um ihre schreck­li­chen Erleb­nisse bewäl­tigen zu können.

 

Leser interessierten sich auch für:

Musik und Gebet am Sonntagabend

Musik und Gebet am Sonntagabend

An den Fastensonntagen wird es wieder wie in den Vorjahren abends um 18.00 Uhr besondere Zeiten des Gebets und der Einkehr in der St. Clemens-Kirche...

Feri­en­spaß in der OT

Feri­en­spaß in der OT

In den Osterfeien findet täglich von 8:00 – 15:00 Uhr Betreuung für Kinder im Alter von 6 – 11 Jahren statt. Wir frühstücken gemeinsam, basteln,...

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner