Viele machten sich am vergangenen Wochenende bei bestem Sommerwetter auf den Weg nach Olpe, um beim Weinfest ein kühles Gläschen zu genießen. Doch nicht alle zog es auf den Marktplatz in der Stadtmitte — oder jedenfalls nicht sofort. Denn direkt nebenan gab es in der Martinuskirche bei angenehmen Temperaturen einen musikalischen Leckerbissen zu erleben. Schon am vorangegangenen Tag hatte es während der Generalprobe immer mal wieder Passanten in die Kirche gezogen, die staunend verweilten und der Musik und dem Gesang lauschten: Der Dekanatsoratorienchor, ein Projektchor, der sich aus Mitgliedern der katholischen Kirchenchöre des Dekanats Südsauerland, aus Sängerinnen und Sängern weltlicher Chöre des Kreises sowie aus chorerfahrenen Gästen der benachbarten Regionen zusammensetzte, führte, begleitet von der renommierten Philharmonie Südwestfalen sowie hochkarätigen Gesangsolisten, unter der Gesamtleitung von DKM Dr. Jürgen Seufert Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ auf.
Bei der Begrüßung informierte der Dirigent die Zuhörerinnen und Zuhörer in der sehr gut gefüllten Kirche darüber, dass Haydn die Idee für sein Werk kam, als er in England Händels „Messias“ hörte. Der Komponist war begeistert und sagte sich: So etwas will ich auch machen! Und so entstand eines der bekanntesten Oratorien und ein Musterbeispiel für ein Werk der Klassik.
Erzählt wird in drei Teilen die Geschichte von der Erschaffung der Welt, wie man sie im ersten Kapitel der Genesis findet. Die Solisten Elisabeth Menke (Sopran), Ralf Rhiel (Bass) und Daniel Tilch (Tenor) übernahmen dabei die verschiedenen Rollen der drei Erzengel Gabriel, Raphael und Uriel in Rezitativen und Arien. Menke und Rhiel liehen im dritten Teil zudem Adam und Eva ihre Stimmen. Alle Solisten überzeugten mit einer schönen Klangfarbe, einer klaren Rhetorik sowie einer Leichtigkeit in den Koloraturen. Andreas Todt begleitete in den Rezitativen und auch in den Arien und Chorpassagen am Cembalo.
Der Chor hatten neben leisen und sanften häufig monumentale Passagen, in denen sich der Gesang, teilweise vermischt mit den Solisten, zusammen mit dem Orchester zu einem raumfüllenden, ergreifenden Klang aufschwang und so die von Haydn beabsichtigte Wirkung entfaltete.
Die Musikerinnen und Musiker der Philharmonie Südwestfalen spielten professionell auf und transportierten gekonnt die richtigen Emotionen. Ihr Beitrag war dabei keineswegs nur als Begleitung zu verstehen. Das Werk sieht einige Passagen vor, in denen nur das Orchester zu hören ist. In solchen Tonmalereien können die Zuhörerinnen und Zuhörer etwa das Chaos vor der Schöpfung nachvollziehen oder sehen regelrecht die Sonne aufgehen. Diese Vorstellungen zu erwecken, gelang dem Orchester bei der Aufführung in Olpe perfekt.
Nachdem das letzte „Amen“ am Ende des Schlusschors verklungen war, wurde der Einsatz aller Akteure mit minutenlangem Applaus und stehenden Ovationen belohnt. Im Anschluss tauschten sich die Besucher über das Gehörte aus. Man hörte beispielsweise „Ein wahrer Traum!“ oder „Das könnte ich mir direkt noch einmal anhören!“ Eine begeisterte Zuschauerin formulierte es so: „Was für ein gewaltiges Werk. Was für ein tolles Musikereignis. Das wirkt lange nach!“ So ist diese Aufführung sicherlich als ein Höhepunkt des Kulturjahres 2024 im Kreis Olpe zu bezeichnen, wie es Landrat Theo Melcher in seinem Grußwort zur Veranstaltung prophezeit hat.
Auch Jürgen Seufert zeigte sich überwältigt und dankte allen Beteiligten, dass sie dieses Projekt durch ihr persönliches Engagement erst möglich gemacht haben. Der Chor hatte sich die letzten anderthalb Jahre einmal im Monat zu je vierstündigen Proben an unterschiedlichen Orten des Kreis Olpe getroffen. Die Chorgemeinschaft Südsauerland plant nun, in Zukunft etwa alle zwei bis drei Jahre ein Werk in dieser Größenordnung aufzuführen. Sicher werden sich viele Sängerinnen und Sänger des Schöpfungs-Projektchores dann wieder zusammenfinden, und vielleicht ja auch Zuhörende der diesjährigen Aufführung. Jeder Interessierte ist auf jeden Fall herzlich eingeladen.