Liebe Leserinnen und Leser,
am morgigen Donnerstag ist es wieder soweit und eine Wallfahrtsgruppe aus Olpe bricht zum nunmehr 264. mal auf, um zur Mutter Gottes von Werl, der „Trösterin der Betrübten“ zu pilgern.
Damals, 1760, hatten die ersten Wallfahrer tatsächlich einen sehr guten Grund, um die Mutter Gottes aufzusuchen, denn ihr Land wurde schon vier Jahre lang von den teilnehmenden Truppen des 7‑jährigen Krieges immer wieder heimgesucht und man kann sich schon vorstellen, was da geschehen sein könnte. Von Westen drängten die französischen Armeen in das Land, von Süden die Österreicher und aus dem Osten standen die russischen Heere an der Front, womit Preußen quasi eingekesselt war.
Das damit einhergehende menschliche Leiden ist allerdings unbeschreiblich. 550.000 Gefallene über Europa verteilt, 180.000 allein in Preußen. Ein verwüstetes Land, beschlagnahmte oder vernichtete Ernten, Vergewaltigung, Brandschatzung, sowie Plünderung waren die Folge, wenn die Soldaten eintrafen.
Insofern lebten die damaligen Olper in großer Not, denn es reichte gerade einmal für das Nötigste. Am schlimmsten war aber die Angst davor, dass jederzeit ihnen und ihren Familien etwas Schlimmes passieren konnte. Von daher war ihr Motiv, ihr Antrieb, die Mutter Gottes von Werl um Beistand und Hilfe anzuflehen, glasklar, denn sie wollten einfach nur der Not und Angst, dem Elend und dem Hunger entfliehen.
Heute pilgern Menschen aus ähnlichen Motiven und da gehört auch das Gefühl der Angst dazu. Natürlich haben die Menschen in Europa Angst davor, dass sich der Krieg in der Ukraine mit den damit verbundenen Folgen für jeden persönlich, aber auch für die Gesellschaft ausweiten könnte. Und das kann ich auch gut verstehen. Allein die Erzählungen meiner Großeltern, die den 1. Weltkrieg miterlebt haben und das, was meine Eltern im 2. Weltkrieg erleben mussten, macht klar, welche Gräuel da auf einen zukommen.
Das Gros der Pilgerinnen und Pilger trägt allerdings damals wie heute und völlig real ihr ganz persönliches, individuelles Sorgenpaket in ihrem Rucksack. Bei dem einem kann das echt bleischwer sein, der andere trägt die Last einfacher. Da geht es um den Tod eines geliebten Menschen, den Verlust eines Freundes oder einer Freundin, die Todgeburt eines Kindes, eine persönliche, schwere Krankheit, Zweifel daran, wie es mit einem weiter geht oder auch Zukunftsängste, weil nichts mehr so ist, wie es früher einmal war.
In solchen schlimmen Lebenslagen muss man einfach um „Hilfe“ rufen und da liegt der Gedanke nahe, sich der Mutter Gottes anzuvertrauen, denn Maria ist eine Mutter, wie alle Mütter: 24 Stunden für dich da, 24 Stunden um dein Wohlergehen besorgt, 24 Stunden um deine Sicherheit bedacht, 24 Stunden an deine Geborgenheit denkend und darüber hinaus überhäuft sie dich 24 Stunden rund um die Uhr mit ihrer unfassbaren Mutterliebe.
Die Mutter ist für uns alle „die Anlaufstelle“, wenn wir Sorgen oder Nöte haben. Mütter sind einfach da. Und Omas übrigens auch.
Es gibt aber auch noch die Pilgerinnen und Pilger, deren Motiv, nach Werl zu gehen, darin liegt, einfach nur „Danke“ zu sagen. Danke dafür, dass sie gesund sind und ein schönes und erfülltes Leben haben, Danke für das Glück, einen Lebenspartner gefunden zu haben, die oder der perfekt zu einem passt. Danke für die Kinder, die uns geschenkt wurden, vielleicht auch Danke für eine bestandene Prüfung oder für eine schöne Zeit, die wir erleben durften.
Es gibt also auch heute noch sehr viele Gründe, sich auf den Weg zu machen zur Mutter Gottes von Werl. Und jetzt möchten Sie bestimmt wissen, ob das auch alles funktioniert, ob darin auch eine Wahrheit steckt?
Dann lassen Sie sich in den kommenden drei Tagen hier unter der Rubrik „Gedanken zum Tag“ einmal ein auf eine kleine Reise, in der „Vertrauen“ ganz groß geschrieben wird.
Ihr Georg Scheiwe
(Wallfahrtsleiter)