Liebe Leserinnen und Leser,
was hält und was trägt uns in schweren Zeiten des Lebens?
Im Rahmen meiner Arbeit als Referentin beim Deutschen Kinderhospizverein bin ich seit vielen Jahren in der Begleitung von Familien mit lebensverkürzend erkrankten und gestorbenen Kindern immer wieder mit der Frage konfrontiert, was Menschen in schweren Zeiten ihres Lebens hält und trägt. Während viele der Familien Kraft aus ihrem Glauben schöpfen, hadern andere mit ihrem Gott, manchmal zerbricht der Glaube an der Frage nach dem „Warum“. Wieder andere Familien haben keinen Gott, an den sie glauben, zu dem sie beten und auf den sie hoffen können. Gemeinsam ist vielen der Familien die tragende Erfahrung von Gemeinschaft. Der Begegnung mit Menschen, die sie begleiten, die auch da bleiben, wenn es ganz schwer wird, kommt eine tragende Rolle zu.
Vor vielen Jahren erzählte mir eine Mutter, deren Tochter im Alter von fünf Jahre starb, dass sie während der gesamten Trauerfeier große Angst gehabt habe, am Ende aufstehen und bis zum Grab gehen zu müssen. Sie war sich sicher, dass sie sich nicht erheben könne und ihre Beine sie nicht tragen würden. Als sie jedoch aufstand, so sagte sie, sei es gewesen, als habe Gott sie getragen. Sie beschrieb dies als tiefe Erfahrung von Gottes Nähe und erinnerte sich an das Wort, dass man nicht tiefer fallen kann als in Gottes Hand. Genauso hatte sie es erlebt.
Immer wieder denke ich an die Erfahrung dieser trauernden Mutter zurück. Was für ein Segen, wenn Gott in den schwersten Stunden des Lebens erfahrbar, spürbar wird. Und wenn ich mich selbst auch im Spüren von Gottes Nähe schwer tue, so fühle ich mich getragen von vielen besonderen Menschen an meiner Seite, privat wie beruflich. Und vielleicht zeigt Gott sich mir so.
„Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein“ (Gen 12,2), sagt Gott zu Abraham im ersten Buch Mose. Diesen Segen Gottes wünsche ich uns allen. Möget Ihr und mögen Sie die Erfahrung machen, dass Gottes Nähe spürbar und erlebbar wird, insbesondere dann, wenn es schwer wird. Dass Mut und Vertrauen wachsen, dass ein Aufbruch immer wieder möglich ist, so wie es auch die Abraham-Geschichte erzählt.
In dem Lied „Gott dein guter Segen“ heißt es:
„Gott, dein guter Segen ist wie ein großes Zelt,
hoch und weit, fest gespannt über unsre Welt.
Guter Gott, ich bitte dich:
Schütze und bewahre mich.
Lass mich unter deinem Segen
leben und ihn weitergeben.
Bleibe bei uns alle Zeit,
segne uns, segne uns, denn der Weg ist weit.
Segne uns, segne uns, denn der Weg ist weit.“
(Text: Reinhard Bäcker)
Gerade in dieser besonderen Zeit wünsche ich uns auch, dass wir Gottes Segen weitergeben, selbst zum Segen für andere werden können und dass die Gemeinschaft trägt.
Herzliche Grüße
Regina Wagner