Liebe Leserinnen und Leser,
heute ein geistlicher Text von Johannes Bours (1913–1988), der jahrzehntelang Spiritual am Priesterseminar in Münster war.
„Was geschieht im Beten ? Ich bringe mein Leben vertrauend zur Sprache vor Gott; vor den Gott, den Jesus uns als guten, barmherzigen Vater geoffenbart hat. Das Leben stellt uns viele Fragen. Wir suchen im Gebet wenn nicht eine Antwort, so doch einen Weg, wie wir mit diesen Fragen leben können. Das Gebet hilft uns, die Ereignisse unseres Lebens transparent auf Gott hin werden zu lassen. Aber dieses: die Welt auf Gott hin deuten, ist nicht nur eine Sache des Verstandes, es ist eine Sache des Sicheinlassens ! Gott ist das Wort dafür, dass alles zuletzt auf einen Sinn zuläuft. Dieser Sinn aber ist, so haben wir bedacht, nicht eine „Weltformel“, sondern ein Du. Jesus nennt es: Vater!
Wenn ich bete, suche ich danach – und erfahre es vielleicht -, dass der tiefste Grund der Welt Sinn ist, Du ist, Liebe ist. Ich kann das, was in der Welt und in meinem Leben geschieht, oft überhaupt nicht mehr damit zusammenbringen, dass der tiefste Grund der Welt Liebe ist. Ich erlebe vielmehr oft genug, dass durch die Schöpfung ein tiefer Riss geht, der nicht zu heilen ist. Aber wenn ich bete, wenn ich mich vertrauend Gott lasse, kann ich die Erfahrung machen, dass durch alles Unerklärbare, durch alles Unverstehbare dennoch etwas von diesem letzten und tiefsten Vertrauensgrund durchscheint.“
Aus: Bode, Franz-Josef: Zeit mit Gott. Ein Stundenbuch II. Stuttgart, 2008. S. 116/117.
Pace e bene
Michael Kammradt