Wozu bist du da, Kirche in Olpe?
Da haben wir sie nun, die Pastoralvereinbarung. Im November 2019 verabschiedet, um den Weg für eine Weiterentwicklung der Kirche in Olpe zu eröffnen. Und dann: Unser kirchliches Leben wurde maximal reduziert und auf uns als Einzelperson (als Familie) minimiert. Der persönliche Glauben außerhalb des Kirchraums wuchs an Bedeutung.
Für meine Familie und mich wurde das Coronageläut zum festen Ritual, um zur Ruhe und mit Gott ins Gespräch zu kommen — nach einem anstrengenden Tag, mit vielen privaten und beruflichen Sorgen, Unsicherheiten und kräfteraubenden Gesprächen. Aber auch nach vielen kraftgebenden Momenten in der Natur, in der Familie und im nahen Umfeld. Wenn ich durch den Alltag mal wieder durch tausend Aufgaben abgelenkt war, kam von irgendwo ein Ruf: „Mama 19:30h! Kerze anmachen!“ Ab und an kamen meine Kinder hinzu und wir tauschten uns aus. Sprachen über „Gott und die Welt“. Was wir tun können, um gesund zu bleiben und niemanden anzustecken, falls wir den Virus haben und es gar nicht merken. Wie es Oma gerade im Altenheim so ganz ohne Besuche geht. Und, ob Opa wohl ein besonderes Auge gerade jetzt auf uns hat. Zwanglos und unbewusst waren wir gemeinsam mit Gott im Gespräch und das Coronageläut/Gebet wurde für uns ein fester Bestandteil des gelebten Glaubens in schwierigen Zeiten in unserer Familie.
Mit dem Wissen, dass zur gleichen Zeit, an vielen Orten, viele Menschen gemeinsam beteten, bekam der Moment für mich noch eine zusätzliche Qualität. Viele teilten in dieser Zeit das Bild der brennenden Kerze im „Status“ der Handys. Unser Glauben und unsere Gemeinschaft wurden über neue Wege zum Ausdruck gebracht. Ich empfand ein nicht greifbares, aber neues kraftgebendes Gefühl der Gemeinschaft.
Mit Beginn der Gottesdienste wurde das Geläut und damit das Teilen der Statusanzeigen eingestellt. Warum eigentlich? Das Wegbrechen des Coronageläuts muss doch nicht zwangsläufig das Beenden des gemeinsamen Gebets und der „Gott-und-die-Welt-Gespräche“ in der Familie sein. Dennoch holte uns der Alltag ein. Aber die Frage blieb für mich offen, warum eigentlich nicht?
Wir werden dreimal täglichen durch das Glockengeläut (Angelusläuten) zum gemeinsamen Gebet (Engel des Herrn) eingeladen. Das Coronageläut hat mir die Augen für etwas geöffnet, das immer schon da war. Das Angelusgebet ist nichts anderes als ein Gebets- und Gedächtnisläuten. Ein Innehalten im Alltag, um zur Ruhe zu kommen, zu danken für das was wir haben und erleben. Wir werden erinnert, Gott bewusst in unser Leben zu integrieren und bereichert mit dem Wissen, dass wir in unseren aktuellen Sorgen und Nöten durch IHN getragen werden.
Was hat das Ganze jetzt mit der Pastoralvereinbarung zu tun?
Für mich zeigt es genau die Herausforderung, die sich Kirche heute stellt. Ein neues Verstehen von Altbewährten und die Annahme neuer Glaubenswege. Die Chance, starke Rituale (wie z.B. das Glockengeläut), mit denen viele Gläubige unserer Gemeinden groß geworden sind, und die den Menschen tiefen Halt geben, den „Jüngeren“ in die heutige Zeit zu übersetzen und deren Bedeutung in neuen Kommunikations- und Ausdruckformen wieder lebendig werden zu lassen.
Ich bin gespannt, wie viel mir Corona noch über meinen Glauben und meine Kirche in Olpe zeigen wird. Die Ausgangsfrage der Pastoralvereinbarung „Wozu bist du da, Kirche in Olpe?“ bekommt plötzlich ganz neue persönliche Impulse….
Rebecca Köster
(Arbeitsgruppe Evangelisierung)
Zum Angelusgebet: https://www.angelusgebet.de/angelusgebet/deutsch/